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Keine Bagatelle: Tricksen bei der Zeiterfassung

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Die Zeiterfassung hat den deutschen Arbeitsmarkt bereits vor einiger Zeit erobert. War es zunächst die Stempelkarte, die den Einzug in deutsche Büros erhielt, gibt es nun auch immer mehr Unternehmen, die die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter elektronisch erfassen. Doch aufgepasst: Das Tricksen bei der Zeiterfassung kann den Job kosten. 

Egal ob analog oder digital: Trickst ein Arbeitnehmer bei der Erfassung seiner Arbeitszeit, dann kann er fristlos gekündigt werden. Das entschied das Hessische Landesarbeitsgericht im Fall mit dem Aktenzeichen 16 Sa 1299/13: Ein 46-jähriger Arbeitnehmer, Vater zweier Kinder, war seit mehr als 25 Jahren in einer Großmetzgerei als Leiter der Verpackungsabteilung beschäftigt.
Der Mann, der zwischen 2.450 und 2.700 Euro brutto verdiente, erfasste seine Arbeitszeit per Chip. Beziehungsweise tat er genau das nicht. Beim Auschecken wurde er des Öfteren dabei gesehen, wie er den in seinem Portemonnaie abgelegten Chip zusätzlich mit einer Hand verdeckte und ihn so vor das Zeiterfassungsgerät hielt.

Das Gerät regierte dementsprechend nicht auf seinen Chip und zeichnete die Arbeitszeit weiter auf, obwohl der Mitarbeiter den Produktionsbereich verließ.

Piep-Geräusch schließt Versehen aus

Schließlich hatte der Mann seinen Arbeitgeber über sechs Wochen lang vorsätzlich getäuscht. Dabei hatte er dem Unternehmen mehr als 3,5 Stunden Pausenzeit verheimlicht. Daraufhin kündigte ihn der Arbeitgeber fristlos.

Allerdings wollte der Leiter der Verpackungsabteilung die Kündigung nicht akzeptieren. Nachdem das Arbeitsgericht Gießen dem Arbeitgeber vollumfänglich Recht gab, ging der 46-jährige Mitarbeiter in Revision.

Doch auch das Hessische Landesarbeitsgericht entschied: Keine Bagatelle, die Kündigung bleibt bestehen. Darüber hinaus ließ das Hessische Landesgericht eine mögliche Revision zum Bundesarbeitsgericht nicht zu. Das Landesarbeitsgericht in Frankfurt am Main begründete seine Entscheidung mit der Tatsache, dass der Mann seinen Arbeitgeber vorsätzlich täuschte: Da es ein Piep-Geräusch gäbe, wenn sich ein Mitarbeiter an- oder abmeldet, sei ein Versehen des Gekündigten ausgeschlossen. Außerdem wiege der Vertrauensbruch schwerer als die lange Betriebszugehörigkeit, so das Gericht.

Das richtige Dokumentieren bei der Zeiterfassung

Am 1.1.2015 ist der Mindestlohn in weiten Teilen des deutschen Arbeitsmarktes eingeführt worden. Seitdem sind Arbeitgeber vieler Branchen verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu dokumentieren. Darunter sind zum Beispiel das Baugewerbe, Gaststätten und Herbergen, Unternehmen aus dem Speditions-, Transport- und Logistikbereich, aus der Forstwirtschaft, der Gebäudereinigung, dem Messebau und der Fleischwirtschaft.

Auch für Zeitungszusteller, Beschäftigte bei Paketdiensten und geringfügig Beschäftigten müssen Dokumentationen erstellt werden. Sie sollen Arbeitsbeginn, Arbeitsende, Pausenzeiten, Fehlzeiten, Überstunden, Krankheits- und Urlaubstage beinhalten.

Spätestens am siebten auf den Tag der Arbeitsleistung folgenden Kalendertag müssen die Arbeitszeiten erfasst werden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Aufzeichnungen zwei Jahre lang aufzubewahren. Ob die Dokumentation digital oder mit Stift und Papier erfolgen soll, ließ der Gesetzgeber offen.

Arbeitgeber vieler Branchen sind verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu dokumentieren. (Bild Fuse | Thinkstockphotos)

Verstöße können teuer werden

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat einen Bußgeldkatalog veröffentlicht, der es in sich hat: Wer gegen die Aufzeichnungspflicht oder gegen die Pflicht, die Dokumentationen bereitzuhalten verstößt, muss mit Bußgeldern von bis zu 30.000 Euro rechnen.

Wer den Mindestlohn nicht oder zu spät zahlt, der greift noch viel tiefer in die Tasche: Für ein solches Vergehen ist eine Strafe von bis zu 500.000 Euro vorgesehen. Doch die Bußgelder haben für Arbeitgeber noch eine ganz andere Gefahr: Schon bei Geldbußen von 2.500 Euro droht der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Wer muss seine Arbeitszeit dokumentieren?

Die Dokumentationspflicht für Arbeitgeber gilt generell für geringfügig Beschäftigte. Davon ausgenommen sind Minijobs im privaten Bereich. Auch unter die Dokumentationspflicht zählen die im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzt genannten Branchen.

Darunter das Baugewerbe, Gaststätten und Herbergen, Unternehmen aus dem Speditions-, Transport und Logistikbereich, Unternehmen der Forstwirtschaft, Gebäudereinigung, Messebau, Unternehmen aus der Fleischwirtschaft, Zeitungszustellerinnen und –zusteller sowie Beschäftigte bei die Paketdiensten.

Ausgenommen von der Pflicht, die Arbeitszeiten detailliert zu dokumentieren, sind enge Familienangehörige und Arbeitnehmer, deren verstetigtes monatliches Gehalt höher als 2.958 Euro (brutto) ist. Auch wer in den letzten zwölf Monaten kontinuierlich über 2.000 Euro brutto pro Monat verdient hat, ist von der Dokumentationspflicht befreit.

Wie muss dokumentiert werden?

Ob es sich um eine Dokumentation auf Papierform oder in digitaler Art und Weise handelt, legte der Gesetzgeber nicht fest. Das heißt, dass Arbeitszeiten auch handschriftlich auf einem einfachen Stundenzettel vermerkt werden können.

Erfasst werden müssen Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit. Bei Arbeitnehmern, die ausschließlich mobil tätig sind, genügt es, die Dauer der Arbeitszeit festzuhalten. Zumindest dann, wenn sie sich ihre Arbeitszeit flexibel und eigenverantwortlich einteilen können.

Zur Erfassung und Übermittlung von Arbeitszeiten hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf der Website  die kostenlose App „einfach erfasst“ für Android-Geräte zum Download zur Verfügung gestellt.

Genaue Informationen zum Mindestlohn bietet eine PDF-Datei des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

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