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Bei der IT-Trans, einer Messe für intelligente Transportsysteme (ITS) trifft sich die internationale ITS-Branche in Karlsruhe. Kernthema der Fachkonferenz ist die zunehmende Digitalisierung des öffentlichen Personenverkehrs (ÖPV) und die Möglichkeiten, welche sich durch innovative Anwendung von IT-Lösungen für den ÖPV ergeben.

Stadtbahn, Straßenbahn, Bus – wir alle nutzen von Zeit zu Zeit den ÖPV. Unser Anspruch an die Betreiber ist meist ganz bodenständig – pünktlich, sauber und zuverlässig sollen die Transportmittel sein, im Idealfall mit gut abgestimmten Anschlüssen und barrierefreiem Einstieg für Kinderwägen, Rollstühle oder Rollatoren.

Der Anspruch der Branche an sich selbst ist eigentlich der gleiche: Kundenfreundlichkeit, Nachhaltigkeit und den demographischen Wandel im Blick habend. Ein Motivator oder Treiber sind dabei Gesetze und Richtlinien wie das 2013 im Personenbeförderungsgesetz verankerte Ziel, bis 2022 den deutschen ÖPNV vollständig barrierefrei zu gestalten.

Verschiedene Anzeigensysteme auf der IT-Trans
Verschiedene Anzeigensysteme (hier von der BMG MIS GmbH) informieren den Fahrgast (Bild: techtag)

Intermodality, Ticketing und Passenger Information

Bei der Erreichung und Umsetzung dieser Ansprüche hilft aus Endkundensicht vor allem eines: Das Smartphone. Dank Mobile Devices ist der Fahrplan schnell aktualisiert, lässt sich das Ticket bequem per Handy kaufen und es werden auch fahrtmittelübergreifende Routen, sogenannte intermodale Verkehrswege, angeboten. Auch Echtzeitinformationen sind bequem abrufbar – vorausgesetzt, sie werden vom Verkehrsbetrieb nutzerfreundlich aufbereitet und bereitgestellt.

Dementsprechend treten immer mehr Unternehmen in den Markt ein, die sich nicht klassisch der Mobilitäts-Branche zurechnen lassen. Diese erweitern das Ökosystem des ÖPV um neue und innovative Ansätze, die es den „klassischen Playern“, beispielsweise regionalen Verkehrsbetrieben, ermöglichen sollen, die stetig wachsenden Ansprüche zu erfüllen – ohne das eigene Rad neu erfinden oder sich vom eigenen Kerngeschäft lösen zu müssen.

Handy mit der geöffneten noovel App vor Auto
Mit dem Smartphone die günstigste Routenoption finden, verkehsmittelübergreifend (Bild: moovel)

Smarte Apps für bequeme Fortbewegung

Ein Beispiel dafür ist moovel. Die in Stuttgart entwickelte App berechnet dem Nutzer den einfachsten Weg von A nach B, kalkuliert die Kosten und integriert dabei neben der üblichen Karte auch Angebote von Carsharing-Diensten wie car2go und Flinkster, mytaxi sowie besipielsweise den Stuttgarter Verkehrs- und Tarifverbund VVS. Die Buchung und Bezahlung der gewählten Route lässt sich ebenfalls über die App abschließen, so dass auch bei Nutzung verschiedener Verkehrsmittel nur eine „Rechnung“ anfällt.

Auch das Team von GeoMobile will mit einer App Punkten – ivanto. Wie moovel berechnet ivanto berechnet Routen intermodal und bietet Ticketing in der App – legt dabei den Schwerpunkt aber auf Barrierefreiheit. Dank einer Kopplung mit Kommunikationsmodulen, die in Bussen und Bahnen integriert sind, kann der Fahrgast per App Signale senden, schon bevor er das Verkehrsmittel betreten hat.

Erste Schritte auf dem Weg hin zur Barrierefreiheit

So kann dem Fahrer signalisiert werden, dass die Einstiegshilfe benötigt wird, Fahrgäste mit eingeschränktem Sehvermögen können ein Tonsignal anfordern, um das richtige Fahrzeug und den Einstieg zu finden. Und im Verkehrsmittel selbst kann der Haltewunsch auch ohne wackligen Gang zum nächsten „Stop“-Knopf übertragen werden.

Eine solche Anwendung hat nicht nur Vorteile für den Fahrgast – auch Verkehrsbetriebe können profitieren. Zum einen steigern sie durch die Implementierung eines solchen Services die Kundenfreundlichkeit – zum anderen werden sie den Anforderungen eines barrierefreien ÖPNV gerecht. Natürlich ersetzen Apps und kommunikationsfähige Verkehrsmittel nicht die Schaffung ebener Einstiegsmöglichkeiten und den Abbau bestehender Hindernisse, aber sie können rein bauliche Maßnahmen sehr schnell und sinnvoll und häufig auch kostengünstiger ergänzen.

Handy mit der geöffneten App ivanto
Routenplanung, Ticketing, Echtzeitinformationen – alles in einer App (Bild: ivanto)

Effizienz und Nachhaltigkeit steigern – durch Informationen in Echtzeit

Der Fokus seitens der Fahrgäste liegt auf smarten Apps, bargeldlosem Bezahlen, und Echtzeit-Informationen zu Fahrtverlauf, Pünktlichkeit und Anschlussmöglichkeiten. Für die Verkehrsbetriebe ist es zudem relevant, Passagierströme kalkulieren zu können, dank Echtzeitinformationen die eigene Flotte nachhaltig und effizient einzusetzen und dabei dem Kundenanspruch gerecht zu werden.

ITS-Lösungen helfen bei der Erreichung dieser Ziele. Die zu erwartenden Passagierzahlen und die darauf aufbauende Distributionsplanung der Flotte können, Stichworte Smart Data und sichere Datenübertragung in Echtzeit, heute deutlich zeitnaher angepasst und optimiert werden.

Gut genutzte Zeit dank ÖPN- und Fernverkehr?

Die Deutsche Bahn, deutschlandweit wohl der größte Anbieter im Bereich ÖPV, wirbt übrigens mit gewonnener Zeit – Zeit, die nicht im Stau, nicht im Auto, nicht gestresst verbracht wird, sondern gemütlich und entspannt im Zug. Wie würde ich diese gewonnene Zeit verbringen, wenn ich, zugegebenermaßen vom Rad, regelmäßig auf Bahn und ÖPNV umsteigen würde? Nicht nur lesend oder mit dem Partner im Gespräch, sondern zunehmend streamend, im Messenger kommunizierend, am Laptop oder per Mobile Device arbeitend.

Doch da macht mir als Fahrgast leider noch allzu oft die Infrastruktur einen Strich durch die Rechnung: Insbesondere im Bahnverkehr sind schlechte Netzabdeckung, Hochgeschwindigkeit und schwache Hotspots ein Ärgernis und führen zur Frustration. Auch das WLAN-Angebot in Fernbussen ist, sagen wir mal, eher was für geduldige Charaktere.

Hier gibt es für die findigen ITS-Anbieter, ob traditionell oder neu, also noch einiges zu tun ;)

 

Baden-Württemberg – wir können alles, auch ITS!

Diese baden-württembergischen Unternehmen sind auf der IT-Trans 2016 vertreten: