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Im Jahr 2025 soll es soweit sein. Dann wird sich laut einer Studie der „wirtschaftliche Mehrwert“ des -Internet of Things- (IoT) auf zirka neun Billion Euro beziffern. Die Experten von McKinsey sehen bis dahin allerdings noch sechs Baustellen. Speziell in den Bereichen Mensch, Smart Home, der Unternehmenskommunikation sowie im öffentlichen Raum gibt es akuten Handlungsbedarf. Und trotz der Vernetzungsprobleme – Einhalt wird den anhaltenden Phantasien nicht geboten.

Das Internet der Dinge (IoT) ist bereits Realität, zumindest glauben das sehr viele selbsternannte Experten. Das Beratungsunternehmen McKinsey hat sich den möglichen Baustellen des IoT gewidmet und sechs explizit beleuchtet. Schauen wir uns aber zunächst die Verteilung der fiktiven Milliarden an. Da ist beispielsweise der Mensch, der für das Monitoring und die Behandlung von Krankheiten inklusive der Verbesserung der eigenen Gesundheit mit 150 bis 1.400 Milliarden Euro bemessen wird. Das Energie-Management, die Sicherheit sowie das automatisierte Heim schafft es nach eigenen Angaben auf bis zu 350 Milliarden. Der Handel liegt dank neuer technischen Möglichkeiten (kontaktlose Zahlen) zwischen 370 und 1.050 Milliarden. Den größten wirtschaftlichen Faktor erhofft sich McKinsey bei der Industrie: Prozessoptimierung, effizientere Wartung, Inventaroptimierung, Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeiter werden als Katapult-fähige Faktoren genannt. Und dabei spielt sicherlich auch die Forschung mittelständischer Unternehmen eine entscheidende Rolle. Ich habe mir drei wichtige Segmente mal etwas näher angeschaut und bleibe gewohnt skeptisch.

Internet of Things und der Mensch

In Sachen Mensch spielen die Phantasien der Berater bereits in einer anderen Liga. So sind Sensoren in Wearables ein „alter“ Hut. Im sogenannten Healthcare-Bereich setzen die Berater auf „Smart Pills“, über die dann Körperparameter dauerhaft gemessen werden können. Injizierbare Nanoroboter sollen zudem Operationen überflüssig machen, Arterien reinigen und Krebsgeschwüre im Frühstadium aufspüren.

Speziell im medizinischen Bereich müssen aber gleich mehrere Prozesse eine Veränderung erfahren. Bleiben die Patienten beispielsweise zu Hause, lassen also die Smart Pille mal machen oder verlassen sie sich auf die kleinen Roboter; wie rechnet sich da zukünftig medizinisches Personal? Wie reagieren die Kostenträger (Krankenkassen)? Ihre Riesenapparate werden definitiv schrumpfen, ihre Einnahmen sinken – alles ohne Protest?

Ein weiterer Punkt, der allerdings auf alle Baustellen projiziert werden kann: die Vernetzung und die daraus entstehenden Sicherheitslücken. Persönliche Daten, Operationen, bei denen der Chirurg nicht vor Ort operiert, sondern per Videoschaltung dirigiert, Ferndiagnosen mittels unterschiedlich gespeicherten Krankenakten – es bedarf nur einen Netzwerkfehler, der hätte allerdings fatale Folgen.

Ebenfalls zu hinterfragen: Augmented Reality. Endgeräte werden in Zukunft die Leistung und Produktivität von Menschen aufzeichnen und gegebenenfalls bewerten. Die Mitarbeiterüberwachung nimmt so komplett neue Züge an. So kann der Mitarbeiter zum Beispiel mit der Augmented-Reality-Brille während einer Reparatur zwar angeleitet werden; wichtige und bebilderte Informationen einholen. Er kann allerdings auch überwacht werden.

Internet of Things und das Smart Home

Smart Home ist sicherlich ein Wirtschaftszweig, der hinsichtlich IoT enormes Potenzial hat. Smartphone, Tablet und neuerdings die Smartwatch sorgen dafür, dass der Mensch ständig online ist. In den eigenen vier Wänden geht es vor allem um die Automatisierung und Steuerung von Alltagsaufgaben. Der Aufwand für Tätigkeiten wie Putzen, Einkaufen, Essen und Kochen weltweit sollen rund 20 Billionen Euro betragen. Glaubt man der Studie, ließe sich dieser Aufwand technisch gesehen um satte 17 Prozent reduzieren. Weitere Einsparungen könnten über Sensoren und entsprechenden Algorithmen erlernt werden. In naher Zukunft wird speziell die Energieeinsparung die Schlüsselfunktion einnehmen. So wird das Haus direkt mit dem Energieversorger vernetzt sein, gegebenfalls mit allen Anbietern gleichzeitig: Jedes Gerät im Haushalt fragt dann den günstigsten Anbieter an und bekommt für sein Schaffen die günstigste Energiezufuhr. Das taktile Internet wäre die nächste Evolutionsstufe.

Das Problem: Anbieter müssten ihre komplette Infrastruktur an die Smart-Home-Technologie anpassen, sie miteinander vernetzen. Doch derzeit sieht es doch so aus: zu teuer, zu geringer Nutzen und Kompatibilitätsprobleme dank der erwähnten unterschiedlichen Infrastrukturen – Standards sind Mangelware. Und sollten es die Anbieter tatsächlich schaffen, das Haus zu einem sogenannten -Automated Home- zu wandeln, kommen wieder einmal der Datenschutz und die allgemeine Sicherheit ins Spiel: Denn um das erforderliche Vertrauen der Anwender nicht zu enttäuschen, müssen die Anbieter gerade im Home-Bereich für die notwendige Sicherheit und Vertraulichkeit sorgen. Man stelle sich nur einen Datenskandal im privaten Bereich, in der breiten Masse vor.

Internet of Things und die Stadtentwicklung sowie Industrie

Meines Erachtens werden die Stadtentwicklung sowie die Industrie in Sachen IoT Hand in Hand gehen. Beide Segmente sind wirtschaftlich eng miteinander verknüpft, ja voneinander abhängig. Glaubt man aktuellen Schätzungen, werden 2025 etwa 4,7 Milliarden Menschen in Städten leben. Das sind rund 60 Prozent der Weltbevölkerung. Neben umwelttechnischen Herausforderungen ein Grund, warum speziell Verkehrssysteme und deren tangierende Katastersysteme intelligenter werden müssen. Durch einen effizienteren Verkehrsfluss verringern sich Staus und damit auch die CO2-Emissionen – gleichzeitig würde sich beim Menschen der Stressfaktor erheblich reduzieren.

Ein anderer Pluspunkt: Mit Hilfe von Sensoren lassen sich beispielsweise Leitungsschäden schneller entdecken und beheben. Außerdem könnte die Verteilung der Ressourcen genauer und effizienter gesteuert werden, wenn die Anbieter mehr Transparenz über den Bedarf haben.

Andererseits drängt die Industrie mit autonomen Fahrzeugen auf die Straße und vergisst hierbei oft die fehlende aber nötige Vernetzung des gesamten Katasters (Ampeln, Schilder, Verkehrsüberwege, Zebrastreifen, Tiere und der Mensch selbst.

Problematik: Erst kürzlich zeigten Hacker, wie anfällig Fahrzeuge auch ohne Vernetzung sind. Dabei wurde ein Auto via Bluetooth angegriffen, zuvor zeigten Wissenschaftler einen Hack via CD.

Internet of Things – Fazit

Das Internet der Dinge wird kommen. Keine Frage. Hersteller sind gerade dabei, sich in das IoT hineinzudenken. Doch schaut man sich die Studie genauer an, wird es meines Erachtens an mehreren Dingen eher scheitern und im kleineren Rahmen realisiert. Zum einen wird sich die Definition abwandeln und den globalen Gedanken ad acta legen, zum anderen werden sich einzelne Lösungen wieder einmal durchsetzen; speziell in der Haustechnik lassen sich IT-Unternehmen nur ungerne in die Karten schauen. Letzteres ist allerdings für eine übergreifende Funktionalität vonnöten.

Am Ende wird wird es an der Vernetzung hapern. So beschreibt das IoT ja die Vernetzung aller Dinge, egal ob Kaffeemaschine, Waschmaschine, autonomes Fahrzeug, Datenbrille oder das industrielle Gewerk. Warum diese Infrastruktur nicht wirklich umsetzbar erscheint, habe ich im Artikel „Autonomes Fahren – überholt wird noch nicht“ bereits beschrieben.

Eine weitere Herausforderung sind die erwähnten Phantasien. Die Forscher konzentrieren sich auf viele Dinge gleichzeitig, schaffen dadurch immer wieder Insellösungen – einen globalen Gedanken gibt es meines Erachtens noch nicht. Und genau diese Fokussierung auf viele kleine Lösungen, mit ihren unterschiedlichen Standards, wird uns am Ende das eigentliche IoT kosten.

Quelle: CW
Bildrechte: Backbone Campaign / CC BY 2.0