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Der IT-Mittelstand bleibt Wachstumstreiber der digitalen Wirtschaft – zumindest in Deutschland. Innerhalb eines Jahres konnten die mittelständischen IT-Unternehmen ihren Umsatz in Deutschland um gut acht Prozent auf 62 Milliarden Euro steigern. Positive Entwicklung: 60 Prozent der Unternehmen hierzulande wollten sogar zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, 35 Prozent die Beschäftigtenzahl konstant halten. Dennoch, mehr Investitionen und digitale Hubs wären wünschenswert.

In Deutschland beschreibt der Mittelstand über 90 Prozent der Unternehmenslandschaft. Kein Wunder also, wenn die Zahlen stimmen, dass der Branchenverband Bitkom stolz verkündet, dass sich im IT-Mittelstand das Umsatzwachstum unmittelbar auf Beschäftigung auswirke. Dem Bericht zufolge stehen die Mittelständler für 33 Prozent des Umsatzes und 54 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der deutschen Digitalwirtschaft. Was erfreulicher Weise fruchtet, sind sogenannte digitale Hubs, nach amerikanischen Vorbild. Sie bringen zweifelsohne Mittelständler mit Großunternehmen, Start-ups sowie Forschung und Investoren zusammen. Der Fachkräftemangel wird somit nicht mehr -ganz- ignoriert. Er erschwert es speziell kleineren Mittelständlern, den sogenannten Hidden-Champions, zu wachsen. Ob es allerdings zu einer Zweiklassengesellschaft kommt, ist eher Zukunftsmusik.

Den Mittelstandsatlas gibt es auch interaktiv. Am Ende des Artikels ist der Mittelstandsbericht verlinkt.

Über ein großflächiges Netzwerk können junge neue Mitarbeiter angesprochen werden. Angesichts von aktuell 51.000 offenen Stellen für IT-Experten in der deutschen Wirtschaft wird es aber auch Zeit zu handeln. Um den Fachkräftemangel zu beseitigen, müsse laut des Berichts zum einen das Digitale in die Schule gebracht werden und mehr Jungen und vor allem Mädchen ermutigt werden, sich für die Informatik oder einen anderen technischen Beruf zu entscheiden. Zum anderen sei es nach eigenen Angaben notwendig, in der kommenden Legislaturperiode Zuwanderung aktiv zu gestalten und ein Zuwanderungsgesetz zu verabschieden. Geht es nach Bitkom muss ein modernes Zuwanderungsgesetz tatsächliche Kompetenz statt formaler Qualifikation in den Mittelpunkt rücken. Bitkom-Präsidiumsmitglied Dirk Röhrborn appellierte daher an die Unternehmen, Flüchtlingen über Praktika den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Der Frauenanteil in der IT-Welt im Mittelstand wächst.

Mittelstand Deutschland: Zahlen die beeindrucken

Die Zahlen der Mittelständler in Deutschland sind beeindruckend. 9.501 IT-Unternehmen in Deutschland beschäftigen derzeit zwischen zehn und 499 Mitarbeiter. In diesen Unternehmen sind insgesamt 413.733 Mitarbeiter sozialversicherungspflichtig beschäftigt – 18.243 mehr als im Vorjahr (2015). Hinweis: Der Bericht fasst das Jahr 2016 zusammen – wird allerdings zukunftsweisend für die Folgejahre bis 2020 betrachtet. Dennoch, eine Motivation benötigt der Mittelstand schon lange nicht mehr.

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Was mich persönlich überrascht: Open Source nimmt bei den Unternehmen mittlerweile eine Schlüsselposition ein. „Offene Software und offene Standards sind wichtiger Treiber der Digitalen Transformation. Sie ermöglichen es insbesondere mittelständischen Unternehmen, innovative und individuelle Softwarelösungen zu entwickeln, da auf quelloffene Komponenten der Community zurückgegriffen werden kann. Damit lässt sich auf Augenhöhe mit größeren Unternehmen agieren, auch wenn vielleicht weniger Ressourcen zur Verfügung stehen“, so Bernd Erk, Geschäftsführer von Netways. Dass dabei allerdings auch Unternehmens-Know-how an die Konkurrenz weitergegeben werden kann, ist wohl weniger das Thema. Vielleicht auch, weil der Konkurrent mittlerweile nicht aus dem eigenen Land, sondern vielmehr von einem anderen Kontinent stammt. „Es ist daher wichtiger denn je, nicht den Anschluss zu verlieren“, heißt es im Bericht. Auch Cloudcomputing spielt dahingehend eine entscheidende Rolle – noch agiert der Mittelstand aber vorsichtig.

Investitionen, Kredite – selten war der Zeitpunkt günstiger

Und Wachstum war selten günstiger. Glaubt man dem Bericht, sind die Bedingungen für eine Kreditaufnahme in den letzten zwölf Monaten gleichgeblieben oder zumindest einfacher geworden. Die Finanzierung mittelständischer Unternehmen in der Digitalwirtschaft kann insgesamt als gut bezeichnet werden. In der Tendenz hat sich der Kreditzugang nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 kontinuierlich verbessert. Nur jedes zehnte mittelständische IT-Unternehmen gibt an, grundsätzlich Probleme beim Zugang zu Krediten zu haben. In der gesamten Digitalbranche betrifft dies 16 Prozent der Unternehmen.

Dennoch sind Investitionen in Startups, in digitale Hubs noch die Seltenheit. Zwar vernetzen sich immer mehr große Unternehmen mit kleineren; auch Startups sind mittlerweile keine Exoten mehr. Doch der Profit aus solchen Netzwerken ist bisher noch nicht wirklich rentabel. Obwohl die Trends 2017 eigentlich zur Ideenfindung und gleichzeitigen Umsetzung in Kooperation einladen. „Die digitale Transformation – im Kontext der Megatrends Industrie 4.0, Cloud, Mobile, Big Data und Social – wird bestehende Geschäftsmodelle im IT-Mittelstand radikal verändern. Neue Services entstehen. Alte Vertriebsformen sterben aus. Die eigenen Leistungen und Produkte sind inhaltlich und technologisch fortlaufend anzupassen. Wer diesen Wandel aktiv als Chance annimmt, wird weiterhin vorne mitspielen“, sagt Dirk Bingler, Sprecher der Geschäftsführung GUS Group.

Quelle: Mittelstandsbericht Bitkom