Lesedauer ca. 3 Minuten

Eines der größten Probleme der Elektromobilität in Deutschland ist die schlecht ausgebaute Ladeinfrastruktur. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) möchte das nun ändern – und private Ladesäulen mit einer Milliarde Euro aus dem Bundeshaushalt fördern. Ob das den Elektroautos wirklich zum Durchbruch verhilft, ist fraglich. Ein Kommentar.

Eine Milliarde Euro. Mit dieser auf den ersten Blick gigantisch wirkenden Summe möchte der Bundesverkehrsminister den Ausbau privater Ladestationen fördern. Schon im Juli 2019 soll es losgehen – vorausgesetzt der Bundesfinanzminister gibt grünes Licht.

„Wir wollen für die Bürger Ladepunkte und deren Einbau in der eigenen Garage zur Hälfte fördern. Dafür brauchen wir sofort eine Milliarde Euro. Das muss sich im Bundeshaushalt abbilden.“ – Andreas Scheuer im Interview mit der Bild am Sonntag

Warum gerade private Ladesäulen? Weil statistisch gesehen rund 80 Prozent der Besitzer von Elektroautos selbige entweder zu Hause oder auf der Arbeit laden. Aus diesem Grund sollen künftig „normale“ Ladestationen mit bis zu 3.000 Euro gefördert werden, Schnellladestationen mit bis zu 30.000 Euro. In Anspruch nehmen können das Förderprogramm nicht nur Privathaushalte, sondern auch Gewerbetreibende, die ihren Mitarbeitern eine Lademöglichkeit zur Verfügung stellen wollen.

Aber ist das wirklich die Lösung des Problems?

Letztendlich sind öffentliche Ladestationen entscheidend

Eigentlich sollte ich mich als Besitzer eines Elektroautos über die Pläne von Andreas Scheuer freuen, denn endlich wird hierzulande der Ausbau der Ladeinfrastruktur gefördert – und das mit immerhin einer Milliarde Euro.

Dumm nur, dass es beispielsweise mir persönlich überhaupt nichts bringt. Ich habe eine eigene Garage, in der ich mein Auto bequem über Nacht aufladen kann. Für den BMW i3 reicht dazu sogar eine gewöhnliche Haushaltssteckdose. Sollte irgendwann ein größeres Elektroauto für uns interessant sein, dann halten mich garantiert nicht die 1.000 bis 2.000 Euro für eine Wallbox davon ab. Was mich aber derzeit sehr wohl von einem Elektroauto für Langstrecken abhält: die fast nicht vorhandene öffentliche Ladeinfrastruktur. Wenn ich von Stuttgart nach Düsseldorf zu einem Termin fahren muss, bin ich auf öffentliche Schnellladesäulen angewiesen – nicht auf private in irgendwelchen Garagen oder auf einem Firmengelände. Die Betonung liegt dabei auf Schnellladesäule: Bislang sind nur 12 Prozent der 16.100 Ladepunkte in Deutschland Schnelllader. Um ein modernes Elektroauto wie den Audi e-tron an einer „normalen“ Ladesäule mit 3,7 kW auf 80 Prozent zu laden, müsste ich für die Fahrt nach Düsseldorf einen halben Tag auf der Raststätte einplanen. Mindestens.

Gesetzliche Regelungen für Mehrfamilienhäuser sind erforderlich

Aber hey, immerhin könnte ich mir in der Garage eine vom Staat geförderte Ladesäule installieren lassen. Das können Millionen von Menschen, die in Mehrfamilienhäusern leben, nicht ohne weiteres. Dass vor allem ältere Hausanschlüsse den deutlich höheren Strombedarf nicht bewältigen können, ist dabei das kleinere Problem. Dafür gibt es technische Lösungen. Weitaus schwerwiegender ist die Tatsache, dass bei Mehrfamilienhäusern die Eigentümergemeinschaft dem Einbau einer Wallbox oder Ladesäule zustimmen muss – und zwar einstimmig. Es reicht also schon ein einziger Elektroauto-Gegner aus, um ein solches Vorhaben zu torpedieren. Solange hier kein gesetzlicher Rahmen geschaffen wurde, bringen uns alle Fördermittel der Welt nicht weiter.

Und dann bleibt immer noch die Frage: Wo sollen diejenigen ihr Elektroauto laden, die überhaupt keinen eigenen Stellplatz haben?