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Spätestens seit dem Abgasskandal im Jahr 2015 ist klar, dass neue Mobilitätskonzepte her müssen. Insbesondere die Elektromobilität ist in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung. Passiert ist seither wenig. Ein Kommentar.

In Deutschlands Großstädten drohen inzwischen nicht nur Fahrverbote für ältere Diesel, sondern auch für neuere Modelle der Euro-6-Norm. Benziner sind bislang zwar verschont geblieben, allerdings sind sich Experten schon seit Jahren einig, dass der klassische Verbrenner über kurz oder lang ausgedient hat. Die Zukunft gehört der Elektromobilität. Um den Autofahrern den Umstieg auf ein Elektroauto schmackhaft zu machen, hat die Bundesregierung bereits im Juli 2016 die Umweltprämie ins Leben gerufen. 4000 Euro Umweltbonus bekommen Käufer eines vollelektrischen Autos, immerhin noch 3000 Euro gibt es für Plug-in-Hybriden.

Die ernüchternde Bilanz nach zwei Jahren: Bis Juni 2018 wurden lediglich 66.029 Anträge auf die staatliche Förderung gestellt. Das Programm, das nur noch bis Ende Juni 2019 läuft, reicht allerdings für mehr als 300.000 Fahrzeuge.

Warum werden Elektroautos nach wie vor nicht von den Verbrauchern angenommen?

Ladeinfrastruktur bleibt eines der drängendsten Probleme

Werfen wir einen Blick nach Karlsruhe. Hier leben etwas mehr als 300.000 Menschen. Allein im Stadtkreis sind über 137.000 Autos zugelassen. Ladesäulen für Elektroautos gibt es dagegen nur 45 (!!), wie ein Blick auf das aktuelle Stromtankstellen-Verzeichnis von GoingElectric zeigt. Bei genauerer Betrachtung stellt man zudem fest, dass sich die meisten dieser Ladepunkte in Tiefgaragen und Parkhäusern befinden – oder Autohändlern gehören.

Und damit wird das wohl drängendste Problem bereits mehr als deutlich: Wer sein Elektroauto am Straßenrand vor seiner Wohnung parkt und dieses an keiner öffentlichen Ladesäule aufladen kann, wird erst gar keines kaufen. Nicht viel besser ergeht es denjenigen, die einen Stellplatz gemietet haben. Denn gerade in Mehrfamilienhäusern besteht kein Anspruch auf eine private Ladesäule. Wenn die Hausverwaltung nicht zustimmt, platzt der Traum vom Elektroauto.

Hier ist vor allem die Politik gefragt, die analog zum Breitbandausbau das Thema Stromtankstellen voranbringen muss – denn eine gute Ladeinfrastruktur wird bereits in einigen Jahren zu einem wichtigen Standortfaktor werden.

Elektromobilität: Autohersteller erwachen nur langsam aus Dornröschenschlaf

Kommen wir zum zweiten großen Problem der Elektromobilität: dem Mangel an verfügbaren Modellen. Hier hat sich in den vergangenen Jahren nur sehr wenig getan. Wer sich aktuell dazu entschließt, ein Elektroauto zu kaufen und nicht gerade 100.000 Euro für einen Tesla ausgeben möchte, muss zu Kleinwägen greifen. BMW i3, Renault Zoe und Nissan Leaf sind dabei die bekanntesten Vertreter ihrer Zunft. Allerdings lassen sich nur wenige Autofahrer für Autos begeistern, die so groß sind, wie ein VW Polo, aber – trotz Umweltbonus – so viel kosten, wie ein VW Passat. Und noch dazu nur rund 200 bis 270 Kilometer weit kommen mit einer Akkuladung.

Das Problem ist bekannt, aber dennoch zeigt die deutsche Autoindustrie bislang wenig Interesse, etwas am Status quo zu verändern. Zwar haben sowohl Mercedes (EQC) als auch Audi (e-tron) im September ihre ersten ernstzunehmenden vollelektrischen Modelle vorgestellt, allerdings werden diese erst im nächsten Jahr auf den Markt kommen. Mit Preisen jenseits der 70.000 Euro sind diese aber ohnehin nicht dazu geeignet, die Mobilitätswende herbeizuführen. VW lässt sich mit den I.D.-Modellen in der Kompaktklasse noch länger Zeit. Erst 2020 soll die Elektro-Offensive beginnen.

Zu allem Überfluss haben die wenigen derzeit verfügbaren Elektroautos dann auch noch überdurchschnittlich lange Lieferzeiten. Auf einen Nissan Leaf oder Renault Zoe muss man beispielsweise bis zu acht Monate warten.

Kein Wunder also, dass die Mehrheit der deutschen Autofahrer trotz aller Ungewissheiten weiterhin zum Verbrenner greift.