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Was sind die Zukunftsthemen im E-Commerce? Keinen blassen Schimmer? Kein Problem. Die Studie ‚Enterprise Commerce‘ will in Sachen Onlinehandel und Omni-Channel dem Nutzer und Händler „Best Practices aus E-Commerce, Prozess-Digitalisierung und Online-Shopping“ aufzeigen. Ich habe mir die Studie etwas genauer angeschaut.

Den klassischen E-Commerce, wie wir ihn kennen, gibt es eigentlich seit geraumer Zeit nicht mehr. Die unterschiedlichen Kanäle, egal ob offline oder online, verschmelzen zunehmend und zeigen auf, wohin die Reise geht. Laut der Studie ‚Enterprise Commerce‘ geht es nicht allein um „die Digitalisierung von Vertriebsabläufen, sondern vielmehr um die Transformation zahlreicher Prozesse innerhalb eines Unternehmens“. Die Studie spricht dabei von einer ganzheitlichen Strategie und systemübergreifenden Lösung für die digitale Zukunft und beschreibt diese als Enterprise Commerce. Enterprise soll dabei wahrscheinlich eine Art Draufsicht beschreiben; vielleicht aus dem Blickwinkel einer Drohne?

Zumindest sind einige Gedanken und Blicke in die Glaskugel realistisch und damit nicht von der Hand zu weisen. So beispielsweise die These, dass „online meets local“ keine Utopie beschreibt: „Online und Offline finden wieder näher zusammen, der Dialog mit dem Kunden rückt zurück in den Fokus und Controlling (Kunden-Tracking) wird zum wichtigen Werkzeug für den E-Commerce Erfolg.

Trends des modernen E-Commerce

Händlerintegration

Und was sind nun die Trends des modernen E-Commerce? Das erste Beispiel ist nichts anderes als die oben erwähnte Verschmelzung der Kanäle Offline und Online. So bietet der slowenische Skihersteller Elan stationären Sportartikel-Händlern eine Kooperation mit seinem hauseigenen Online-Shop an. Bei einer Bestellung im Webshop verweist Elan den Verbraucher direkt auf den nächstgelegenen Händler. Die Händlerintegration kennen wir bereits vom Karlsruher E-Commerce-Unternehmen gaxsys. Auch dort wird diese Art der Bestellabwicklung angeboten, nur stationär am Point of Sale. Und nur der lokale Händler entscheidet, ob er eine sofortige Bereitstellung gewährleisten kann.

Und keine Frage, Marktplätze beschreiben noch immer den schnellsten Einstieg in den Onlinehandel. Auch wenn die Studie nur am Rande das Thema aufnimmt, aktuelle Zahlen zeigen, wie Händler beispielsweise von Amazon profitieren.

Chatbots

Ein weiterer Trend sollen Chatbots für den Handel sein. Dem kann ich zwar persönlich nichts abgewinnen, doch erwähnen möchte ich sie dennoch. Im konkreten Fall hat das Unternehmen Marktjagd einen Chatbot für den Facebook Messenger entwickelt. Nutzer können das automatisierte Chat-Programm nach lokalen und aktuellen Angeboten einer bestimmten Firma oder Branche fragen und erhalten als Antwort Links zu den passenden Prospekten. Für das Unternehmen keine Weltneuheit: Einen ähnlichen Bot haben die Entwickler bereits für Snapchat konzipiert und wollen in Kürze dasselbe Konzept auf WhatsApp projizieren. Wie ich finde, eine schreckliche Vorstellung.

Omni-Channel: Online kaufen, in Boxen zwischenlagern

Leider werden nur wenige solcher Trends aufgezeigt. Dafür setzen die Autoren ihren Fokus auf eine Reihe Best Practices. Über sie kann sich der interessierte Händler allerdings auch den besten Überblick verschaffen. Neben guten realen E-Commerce-Umsetzungen, stellt die Studie beispielsweise die Bahnhofsbox für Onlinebestellungen vor. Seit Februar 2017 ist es an auserwählten Bahnhöfen in Berlin möglich, seinen online getätigten Einkauf in Kühlboxen zwischenzulagern; um diesen dann, beispielsweise nach der Arbeit, abzuholen. Der Einkauf erfolgt dabei mit dem Partner Edeka. Laut Studie ist ein deutschlandweiter Rollout geplant. Klar, die Idee mit den Kühlboxen ist nicht neu, doch mit der möglichen Fläche, über die die Bahn zweifelsohne verfügt, wird aus der Idee endlich ein massentaugliches Angebot.

  • Gut gelungen ist der Punkt ‚E-Commerce in der Umsetzung‘. In der Zusammenfassung bringt es Björn Schotte, Geschäftsführer und Senior Consultant Mayflower GmbH, auf den Punkt: Augen auf bei der Dienstleister-Wahl – für die Umsetzung braucht es starke und vor allem verlässliche Partner.
  • Investieren Sie stattdessen in kleine oder mittelgroße Anforderungsworkshops mit ein bis drei Dienstleistern. Achten Sie auf dabei auf kritische Rückfragen des Dienstleisters und überprüfen Sie, ob im Laufe des Workshops Vertrauen aufgebaut werden kann. Holen Sie sich Unterstützung durch externe Berater bei der Facilitierung dieser Workshops, wenn der Dienstleister nicht selbst Erfahrung damit vorweisen kann.
  • Machen Sie sich bewusst, dass die 80/20-Regel, die vom Vertrieb der Shop-Hersteller ausgerufen wird, beileibe nicht der Realität entspricht. Lassen Sie sich nicht von solchen Aussagen irritieren.
  • Vermeiden Sie explizit die Aussendung von Tabellen, in die die Dienstleister jeweils ihre Einschätzungen abgeben. Jedem Dienstleister sei hier angeraten, solche Tabellen nicht mehr auszufüllen – am Ende verliert jede Partei, denn: Software-Entwicklung ist zu komplex, als dass eine vereinheitlichende Tabelle zu einem echten Vergleich dienen kann.
  • Nehmen Sie sich Zeit, den Dienstleister kennenzulernen. Wenn möglich, besuchen Sie ihn in seinen Räumlichkeiten, um zu sehen, wie die Software-Entwickler arbeiten.

Anmerkung der Redaktion: Vielleicht hilft auch ein kurzfristiges Engagement eines Chief Digital Officer.

Die Studie ‚Enterprise Commerce‘ zeigt auf, wie der Königsweg in Sachen Omni- beziehungsweise Multi-Channel ausschauen könnte. Interessierte Händler sollten auf jeden Fall einen Blick wagen, auch um vielleicht nur Ideen abzugreifen. Und um weitere Informationen in Sachen Omni-Channel einzuholen, empfehle ich das Dossier – Trends im E-Commerce 2017.