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Welche Rolle spielt Asien in Zukunft im globalen E-Commerce? Die Frage scheint weit hergeholt; doch die nun erhobenen Zahlen lassen zum einen Rückschlüsse auf die zehn erfolgreichsten asiatischen E-Commerce-Länder zu, zum anderen sollte speziell der deutsche Onlinehandel versuchen, vom asiatischen Kuchen etwas abzuschneiden. Die PPRO Group hat interessante Zahlen zusammengestellt.

Der Asien-Pazifik-Raum ist nicht nur ein riesiger Wirtschaftsraum, er ist, digital betrachtet, auch der Größte. Mit einem Transaktionswert von 770 Milliarden US-Dollar jährlich katapultiert sich der Asien-Pazifik-Raum ohne Gegenwehr an die Spitze der größten E-Commerce-Regionen der Welt – zumindest 2016 wird dort wieder einmal nichts mehr anbrennen. Länder wie China, Indien, Indonesien, Japan, Malaysia, die Philippinen, Singapur, Südkorea, Thailand und Vietnam generieren mal eben 86 Prozent aller Online-Umsätze des besagten Wirtschaftsraums. Zudem darf sich Asien damit rühmen, die meisten Onlineverkäufe für sich zu verbuchen, die sich im Segment B2C befinden. Ein enormes Kaufkraft-Potenzial.

Der E-Commerce in China boomt wie lange nicht mehr.
In Zahlen: Im Schnitt gibt beispielsweise der kauffreudige Chinese knapp 1.700 US-Dollar pro Jahr aus; insgesamt sprechen wir von satten 838 Milliarden US-Dollar. Die Zahlen sind dort sogar seit knapp zwei Jahren stabil. Zum Vergleich: Der gesamte pazifische Raum setzte in den vergangenen Jahren im Schnitt 740 Milliarden US-Dollar um. Das asiatische e-Bay „Taobao“, Tochter des E-Commerce-Riesen „Alibaba“, setzte alleine 2013 über 50.000 Verkäufe um. 2012 machte der Anbieter bereits die Hälfte aller Postsendungen in China aus.

Asien-Pazifik-Raum: bargeldlose, elektronische Bezahl-Methoden bevorzugt

Klar, der Erfolg kommt nicht von ungefähr. So lebt dort die Hälfte der Weltbevölkerung, und allein die asiatische Mittelschicht wird bis zum Jahr 2020 voraussichtlich auf über 1,7 Milliarden Menschen anwachsen. Dazu kommt eine zunehmende Verbreitung des Internets in den aktuell weniger entwickelten Ländern. „Als günstige Voraussetzungen für den boomenden E-Commerce fungieren dabei gesunkene Kosten für WLAN, schnelles mobiles Internet und auch für den Kauf von Mobiltelefonen. Im Zuge dieser Entwicklung hat sich die Anzahl an Smartphone-Verkäufen um ein Wesentliches vervielfacht. Kein Wunder also, dass mobile Verkäufe in China zulegen“, schreibt Onlinehändler-News. Dennoch, die 1.700 US-Dollar sind meines Erachtens eine besondere Marke; auch wenn angenommen werden darf, dass diese Summe eher den Stadtbewohner tangiert. Die Landbevölkerung im asiatischen Raum lebt eher in ärmlichen Verhältnissen. Die Mehrheit der Chinesen hat zudem noch immer keinen Zugang zu städtischen Infrastrukturen.

Das Verbraucherverhalten von Chinesen hängt sehr stark vom Alter ab. Die lukrativste und zugleich interessanteste Verbrauchergruppe ist die jüngere Generation (19-35-jährige), welche allein 60 Prozent der Online-Shopper ausmacht.

Nenad Cetkovic, Chief Operating Officer bei Lengow gegenüber Onlinehändler-News.

Hinsichtlich der Verbraucher zeichnet sich ein Trend ab, der deckungsgleich zum Onlinemarkt in Europa passt. So zeichnen sich speziell die jungen Konsumenten zwischen 18 und 24 Jahren durch ein neues Konsumverhalten aus. Sie ziehen beispielsweise bargeldlose, elektronische Bezahl-Methoden herkömmlichen Bezahl-Arten vor. Sie kommunizieren vor allem online und vornehmlich auf Social-Media-Kanälen miteinander und mit dem jeweiligen Unternehmen selbst. Kundenbeziehungen, Kundenfreundlichkeit und vor allem schnelle Bearbeitung von Problemfällen sind ein Plus des digitalen Zeitalters. Im asiatischen Raum ist diese Zeitalter bereits weit fortgeschritten. In China etwa sind bereits die Hälfte der Bewohner im Internet unterwegs, über die Hälfte nutzt aktiv ein Smartphone. Für ein Land, wie China, ein enormer Fortschritt.

Deutschland bleibt neben Groß Britannien der größte E-Commerce-Markt Europas.

Deutsche Onlinehändler: zielführendes Kundentracking sowie passende Bezahldienste

Und was bedeutet das nun genau für den deutsche beziehungsweise europäischen Markt? Geld. Die Zahlen sprechen eindeutig für einen Einstieg in den asiatischen Onlinemarkt – vorausgesetzt, der Händler hat hierzulande bereits einen ansprechenden Onlineshop oder das nötige Kleingeld für dessen Entwicklung. Es wäre fatal, diesen Markt zu ignorieren, vor allem deutsche Anbieter sollte hellhörig werden. So sind speziell deutsche Produkte dort sehr beliebt. Ein direkter Einstieg wird allerdings etwas steiniger werden, als beispielsweise der Einstieg im EU- oder US-Markt. Die Asiaten ticken einfach anders. Ein zielführendes Kundentracking, die Bestandsverwaltung sowie die richtige Mischung aus den passenden Bezahldiensten könnte daher über Erfolg oder nicht Erfolg entscheiden – der Markt dagegen ist riesig und bietet im Gegensatz zum rein deutschen und europäischen Onlinehandel auch Platz für Nischen. Der professionelle E-Commerce ist zudem in den Jahren immer günstiger geworden – Versand, Verpackung sind zusammen unter drei Euro machbar. Aber Vorsicht. Vor einem Markteintritt sind neben den Potentialen auch die Risiken richtig einzuschätzen. Der Onlineshop muss die Sprache der Asiaten sprechen – ein Chief Digital Officer sollte hinzugezogen werden, der gegebenenfalls in Asien lebte oder zumindest den Markt genau kennt. Ach ja, nur mal nebenbei: Aldi wird in Kürze den ersten Onlineshop in China eröffnen; und wir wissen ja, Lebensmittel online ordern ist das nächste große Ding. Also, nur Mut.

Hier geht es zu den als Quellen genannten Reports: Asien-Pazifik-Raum und West-Europa.