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Wie Worms zum Digitalisierungsvorbild für Deutschland wird

Beispielnild für eine SuperApp zur Digitalisierung von Stäften, wie in Worms.
Lesedauer ca. 6 Minuten

Die Digitalisierung Deutschlands – ein dringender, aber kein hoffnungsloser Fall. Denn unser Land ist bereits mittendrin. Beispiele wie die in Worms entstehende SuperApp zeigen, wie es gehen kann. Die Zukunft liegt in sicheren, kollektiven und autarken digitalen Ökosystemen.

Wie wird Deutschland digital? Diese Frage beschäftigt zurecht viele Menschen im Land. Sicher auch die neue Bundesregierung, die diesem Problem unter anderem mit der Schaffung eines neuen Digitalministeriums begegnen will. Dass Deutschland und Europa großen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung haben, sollte mittlerweile jedem bewusst sein. Dabei geht es nicht nur um bequeme Services und Bürokratieabbau. Es geht um Zukunftsfähigkeit und demokratische Werte. Denn die Abhängigkeit gegenüber globalen Tech-Riesen und Technologien aus Übersee wächst immer weiter. Das ist fatal, gerade in politisch unsicheren Zeiten.

Deutschland braucht digitale Souveränität mit eigenen Lösungen und eigenen Infrastrukturen. Das geht natürlich nicht über Nacht. Notwendig sind Innovationen und autarke digitale Ökosysteme. Aber es ist auch kein aussichtsloses Unterfangen. Im Gegenteil: Mit den richtigen Ansätzen, einer gemeinsamen Kraftanstrengung und dem Willen aller Beteiligten kann die digitale Transformation Deutschlands schnell umgesetzt werden. Und die Technologien dafür gibt es längst, ebenso wie vielversprechende Digitalisierungsprojekte.

Worms und Istanbul als Vorbilder

Zu den Vorreitern gehört die Stadt Worms. Dort entsteht gerade das erste echte digitale Ökosystem für Städte. Ein Vorbild gibt es dabei auch: In Istanbul stellt die Stadtverwaltung seit vielen Jahren eine erfolgreiche mobile CityApp zur Verfügung, die täglich von Millionen Menschen genutzt wird. Sie vereint verschiedenste Services: Behördendienste, öffentliche Verkehrsmittel, kulturelle und soziale Angebote, Marktplätze und E-Commerce-Angebote.

Wie in der türkischen Metropole soll auch in Worms eine ganzheitliche Lösung geschaffen werden mit möglichst breiten Funktionen in Form von integrierten MiniApps. Ziel ist eine sichere, einheitliche Plattform, auf der sich alle Nutzer:innen nahtlos bewegen, sicher bezahlen und kommunizieren – ohne zwischen verschiedenen Anwendungen und Accounts wechseln zu müssen. Ein Ökosystem, das Unternehmen, Startups, Organisationen und die kommunale Verwaltung zusammenbringt.

Die Stadt ist bereits auf einem guten Weg. In ihrer ersten Version ist die App bereits veröffentlicht – eine öffentlichen Testphase, in der Nutzer:innen Feedback geben können. Schrittweise kommen immer weitere Funktionen dazu. Schlussendlich wird die CityApp Worms neben den digitalen Angeboten der Stadt auch sichere Bezahlung, sicheren Dokumentenaustausch, eine verifizierte digitale Identität und eine verschlüsselte Chat-Technologie beinhalten. In der finalen Fassung ist das eine SuperApp, wie es sie in Deutschland bislang noch nirgendwo gibt. Worms wird in Sachen Digitalisierung damit zum Vorbild für andere Städte.

Alles in einer App – mit iterativem Ansatz

Die Vision hinter der CityApp: eine Plattform als digitaler Mittelpunkt des gesamten Lebens in der Stadt. Bürger:innen erhalten Zugang zu Behördendiensten und städtischen Dienstleistungen wie Bürgergeld, Führungszeugnisse und Parkausweise. Niemand muss mehr stundenlang vor dem Amt warten oder Wochen im Voraus einen Termin vereinbaren. Die Nutzer:innen können sich aber auch über die Angebote von (lokalen) Geschäften und Startups informieren, shoppen, Restauranttische reservieren, den Nahverkehr oder Kultur- und Bildungsangebote wahrnehmen. Es ist auch möglich, direkt über die App an Bürgerbefragungen teilzunehmen und in einer sicheren Chat-Umgebung miteinander zu kommunizieren.

Damit ein solches Angebot auf breiter Basis akzeptiert wird, muss es einige Voraussetzungen erfüllen. Erstens müssen Sicherheit und Datenschutz zu jeder Zeit gewährleistet sein. Zweitens muss der Zugang intuitiv und niedrigschwellig sein, sodass sich idealerweise alle Bürger:innen beteiligen können. Drittens muss das Nutzererlebnis möglichst nahtlos und komfortabel sein, um sich gegenüber anderen digitalen Angeboten abzuheben.

Eine digitale Identität, viele Use Cases

Die Wormser CityApp garantiert alle drei Aspekte. Was sie von „normalen“ Smart-City-Apps unterscheidet, ist unter anderem ein vollständig integriertes Identitätsmanagement. Statt bei jeder Verwaltungsanfrage umständlich persönliche Daten eingeben zu müssen, erhalten alle Nutzer:innen eine eindeutig verifizierte digitale Identität. Sie basiert auf höchsten Sicherheitsstandards und ermöglicht es den Nutzernden DSGVO-konform selbst zu entscheiden, welche Daten er wann freigibt. Wer sich einmal auf der Plattform anmeldet, kann mit nur diesem einen Login alle Services, MiniApps und Funktionen sicher nutzen. Umgekehrt können Mitarbeitende der Stadtverwaltung oder von Unternehmen jederzeit sicher sein, mit einem authentifizierten, vertrauenswürdigen Nutzer zu interagieren – und müssen keine Sorge vor Bots und Fake-Profilen haben.

In der finalen Version der CityApp ermöglicht die digitale ID auch die Bezahlung (ohne zur Anwendung eines Finanzdienstleisters wechseln zu müssen) sowie digitale Unterschriften, die rechtssicher direkt in der App getätigt werden können. Dabei kommt ein Step-Up Onboarding zum Einsatz, also eine flexible Art der Authentifizierung. Jede MiniApp definiert selbst, welches Niveau erforderlich ist. Handelt es sich um reine Informationsinhalte? Dann sind diese schnell und einfach zugänglich. Geht es beispielsweise um Zahlungen oder Verwaltungsakte? Dann braucht es eine starke Authentifizierung per Zwei- oder Mehrfaktor-Verfahren.

Nahtlose und sichere Kommunikation

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal der Wormser CityApp: Sie erlaubt echte Interaktion ohne Medienbruch. Normalerweise müssen Nutzer:innen zur Kontaktaufnahme auf externe Kanäle wie E-Mail-Programme oder Telefon ausweichen. In Worms dagegen werden in der fertigen App Bürger:innen, Unternehmen und Verwaltung direkt über einen integrierten Business-Chat miteinander kommunizieren, ergänzt durch MiniApps für Services wie Terminbuchung, Anfragen oder Support. So entsteht eine lebendige, digitale Stadterfahrung – effizient, sicher und bürgernah.

Vorteile für die Stadt

Die kommunale Verwaltung profitiert von einem deutlichen Modernisierungsschub. Behördliche Abläufe werden effizienter, der Papierverbrauch sinkt – und Bürger:innen sparen Zeit und Nerven. Verwaltungsangebote können gemäß dem Onlinezugangsgesetz (OZG) rechtskonform und nutzerfreundlich digitalisiert werden. Kombiniert mit Funktionen wie sicheren Bezahlmöglichkeiten und integrierter Chat-Kommunikation entsteht ein vernetztes Stadtsystem, das Bürger:innen digital zusammenführt – und die Stadt lebendiger macht.

Wichtig ist, dass der technische Aufwand bei der Implementierung einer solchen App für alles überschaubar ist. Standardisierte Schnittstellen (APIs) erleichtern die Integration, während eine benutzerfreundliche Oberfläche den Schulungsbedarf für Mitarbeitende minimiert. Neue Angebote und inhaltliche Änderungen sollten sich über eine Low-Code-Plattform ganz leicht aus eigener Kraft umsetzen lassen. Auch interne Prozesse, etwa im Projektmanagement oder der Bürgerkommunikation, können durch eine solche Plattform transparenter und effizienter werden.

Vorteile für die Wirtschaft

Gleichzeitig stärkt eine solche Plattform die regionale Wirtschaft: Lokale Betriebe, Dienstleister und Organisationen können ihre Angebote direkt einbinden und erschließen neue Umsatzpotenziale. Ohne aufwendige Marketingmaßnahmen erhalten sie einen direkten Zugang zu einer großen, bereits bestehenden Nutzerbasis. Auch Startups profitieren: Sie können gezielt Anwendungen für das Ökosystem entwickeln und erhalten unmittelbares Feedback aus dem Markt. So lassen sich innovative Ideen schnell und unkompliziert einem breiten Publikum zugänglich machen. Das ist ein Motor für die gesamte Region.

Wegbereiter für eine Plattform Ökonomie 4.0

So entsteht in Deutschland ein neuartiges digitales Ökosystem – sicher, autark und kooperativ. Gäbe es solche Lösungen flächendeckend, wäre Deutschland längst digital. Von den Erfahrungen aus Worms können andere Städte profitieren. Oder gleich die bereits fertige Technologie ohne große IT-Investitionen nutzen und unkompliziert an bestehende Systeme anbinden. Das alles zahlt ein auf eine zukunftsgerichtete Art der digitalen Zusammenarbeit – eine Plattform Ökonomie 4.0. Indem Kommunen, Unternehmen, Organisationen und Einzelpersonen auf möglichst breiter Basis ihre Kräfte bündeln, vervielfachen sich individuelle und lokale Stärken. Das ermöglicht neue Geschäftsmodelle, nachhaltige Wertschöpfung und treibt die Digitalisierung endlich voran.

 

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