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Seit Jahresbeginn leisten sich Wirtschaft und Forschung in Karlsruhe das Smart Data Innovation Lab. Ziel ist die Echtzeitverarbeitung von großen Datenmengen zu verwertbaren Informationen. Das Lab soll langfristig Vorteile im globalen Wettbewerb sichern.

Es geht um nicht weniger als die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und Europas. Unterstützt von der Bundesregierung unterhalten Forschungsinstitute, Unternehmen und Industrieverbände seit Anfang des Jahres in Karlsruhe ein Smart Data Innovation Lab (SDIL).

Smart Data Innovation Lab als Fortsetzung der Ingenieursdisziplin im digitalen Zeitalter

Ziel dieses Innovationszentrum für intelligente Daten ist es, den traditionellen Vorsprung der Ingenieursdisziplin auch im digitalen Zeitalter fortzusetzen und auszubauen. Um dies zu erreichen, sind laut SDIL erhebliche Forschungsleistungen zu erbringen, etwa bei der wichtigen Echtzeitverarbeitung von großen Datenmengen (Big Data) und ihrer Strukturierung zu verwertbaren Informationen (Smart Data). Diese können dann zu Wissensvorteilen beziehungsweise zur Entscheidungsunterstützung genutzt werden können.

So viel zur Theorie. In der Praxis sieht das so aus, dass das Lab eine Hochleistungsinfrastruktur zur Verfügung stellt. Der Träger, das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), richtet die Hardware und Software ein. SAP stellt Server bereit und seine Datenbank-Technologie Hana. Von der Software AG kommt der Hana-Konkurrent Terracotta. Und Microsoft bringt die Daten mit seiner Azure-Plattform in die Cloud. Gefüttert wird die Infrastruktur mit Datenquellen aus der Praxis. Die liefernden Industriepartner fokussieren zunächst auf die strategisch wichtigen Felder „Industrie 4.0“, „Energiewende“, „Smart Cities“ und „Personalisierte Medizin“. Diese Datenquellen werden ergänzt durch Daten der öffentlichen Hand sowie im Internet frei verfügbare Datenquellen. Neben diesen Forschungsfeldern sollen nach Bedarf später weitere Forschungsfelder folgen.

Big Data kann Leben retten

„Die digitalen Datenmengen wachsen in unserer Gesellschaft rasant. Wir brauchen neue Instrumente, um sie zu managen und als Wissensquellen nutzbar zu machen“, sagte Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung zur Eröffnung. So sei das SDIL und die dort der Forschung verfügbar gemachten Daten eine optimale Ergänzung, um die Forschung auf diesem Gebiet weiter voranzutreiben.

Ein Beispiel der zu erwartenden Arbeit und Chancen von Smart Data präsentierte das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI). Hier entstehen unter anderem Systeme für Crowd Management und Crowd Sensing im öffentlichen Raum. Sogenannte Echtzeit-Heatmaps der Besucherdichte und der Besucherbewegung erlauben ein effektiveres und effizienteres Notfall- und Krisenmanagementsystem. Damit erhöhen sie die Sicherheit während der Veranstaltung und helfen Katastrophen zu vermeiden, sie unterstützen die Post-Event Analyse und verbessern die Planung zukünftiger Veranstaltungen. Zudem werden die DFKI-Forscher im Rahmen des Projekts „Rescuer“ eine Technik entwickeln, die den Datenaustausch innerhalb einer Menschenmasse auch bei Zusammenbruch der Infrastruktur ermöglicht: ein Ad-hoc-Netzwerk („Opportunistic Delay Tolerant Network“) soll dafür sorgen, dass Mobilfunkgeräte untereinander ein Netz aufbauen und Informationen austauschen können, selbst wenn das offizielle Netz nicht verfügbar ist. Eingesetzt werden sollen diese Ergebnisse in Brasilien im Rahmen der Fußball-Weltmeisterschaft 2014.

Damit derartige Forschungsaufträge erfüllt werden können, müssen sich Wissenschaft und Industrie um die Ressourcen des SDIL bewerben. Sogenannte „Data Innovation Communities“ legen die Forschungsschwerpunkte im jeweiligen Forschungsumfeld fest und bewerten die eingebrachten Projektskizzen. Durch die Infrastruktur können so circa 30 Forschungsprojekte gleichzeitig betrieben werden. Die Data Innovation Communities werden durch je ein Unternehmen und eine Forschungseinrichtung geleitet und stehen allen europäischen Partnern aus Wissenschaft und Unternehmen offen.

Datenschutz als Wettbewerbsvorteil

Eine der großen Herausforderungen des SDIL bei der Zusammenarbeit mit über 20 Partnern ist der Datenschutz. Es ist festgelegt, dass die Industriepartner grundsätzlich die volle Kontrolle über die zur Verfügung gestellten Daten behalten. Dies schließt sowohl die Erlaubnis von Zugriffen durch individuelle Forschungspartner ein, als auch die Definition eines Lifecycle, der beispielsweise auch das Löschen der Daten beinhaltet.

Das Thema Datenschutz betrifft aber nicht nur die zu Forschungszwecken gelieferten Daten, sondern auch die Datenanalyse in der späteren Praxis. Die immer ausgefeiltere Erhebung von Big Data stellt auch eine Gefahr für den Schutz der Privatsphäre da. Dieses Problem müsse europäisch gelöst werden, sagt Wolf-Dieter Lukas vom Bundesforschungsministerium und fügt hinzu: „Wenn aus Big Data nicht Big Brother werden soll, brauchen wir Vertrauen.“ Hier habe Deutschland international großes Ansehen. Und das könne durchaus nützlich sein, wenn es um die Nutzung der weltweiten Chancen bei Smart Data gehe.