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David Hermanns hatte ganz genau hingehört, was die baden-württembergische Wirtschaftsministerin, Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, bei einer gemeinsamen Podiumsdiskussion auf dem Stuttgarter Digitalgipfel in einem Nebensatz anmerkte.

Hermanns, CEO des Karlsruher CyberForum, der mit weiteren Partnern den bundesweiten „de:hub für Angewandte Künstliche Intelligenz“ betreibt, weiß darum seine Heimatstadt in Szene zu setzen. Als Hoffmeister-Kraut erwähnte, in einer Machbarkeitsstudie prüfen zu wollen, einen „Innovationspark KI“ im Land zu installieren, schien für alle Karlsruher unter den knapp 2.000 Besuchern klar, wohin dieser Park logischerweise gehören sollte.

Hoffmeister-Kraut versprach auf dem „Digitalgipfel 2019 – Wirtschaft 4.0 BW“, Künstliche Intelligenz in den kommenden Jahren in das Zentrum der Wirtschafts- und Innovationspolitik des Landes zu stellen und dabei besonders auch den Mittelstand im Blick zu haben. „Künstliche Intelligenz ist eine wirtschaftliche Jahrhundertchance für unser Land, die wir auf keinen Fall ungenutzt verstreichen lassen dürfen. In diesem Prozess sind alle Akteure gefordert. ,KI made in BW‘ muss zum international sichtbaren Markenzeichen werden“, so die Ministerin.

Mit dem Digitalgipfel 2019 wolle das Wirtschaftsministerium einen Beitrag dazu leisten, dass sich Unternehmen über Fördermöglichkeiten und aktuelle Trends beim Thema Digitalisierung informieren und dann in die Umsetzung gehen könnten, so das baden-württembergische Wirtschaftsministerins im Vorfeld des Gipfels. „Im Hinblick auf unsere dezentrale Wirtschaftsstruktur ist es mir ein besonderes Anliegen, gerade auch die kleinen und mittleren Unternehmen in der Fläche des Landes bei der Gestaltung der digitalen Transformation zu unterstützen. Deshalb haben wir zehn regionale Digital Hubs auf den Weg gebracht“, so die Ministerin bei ihrer Eröffnungsansprache.

Hochkarätige Keynote-Speaker wie Prof. Dr. Cédric Villani, Abgeordneter der französischen Nationalversammlung, Träger der Fields-Medaille und europaweit anerkannter KI-Experte, oder KI-Pionier Prof. Dr. Jürgen Schmidhuber sorgten im Rednerprogramm für wertvolle Impulse. Konkrete KI-Anwendungsfälle erläuterten beispielsweise Antje Leminsky, Vorstandsvorsitzende der Grenke AG und gleichzeitig Vorstand im CyberForum, sowie Hala Zeine, President Digital Supply Chain von SAP.

Konsens herrschte bei der Feststellung, dass der breite Einsatz von KI herausragende Wachstumspotentiale für die Wirtschaft in Baden-Württemberg böte. Hoffmeister-Kraut wörtlich: „Wir haben die Chance, betriebliche Prozesse effizienter zu gestalten, Produkte und Dienstleistungen noch intelligenter – nämlich kognitiv – zu machen und letztendlich komplett neue Produkte und Dienstleistungen auf den Markt zu bringen, um damit dann auch international zu punkten.“ Dazu müsse es ein ausdifferenziertes Unterstützungsangebot des Landes geben. In diesem Zusammenhang kündigte Hoffmeister-Kraut an, dass mit regionalen KI-Labs gerade auch der Mittelstand in der Fläche des Landes erreicht werden solle.

Gemeinsam mit Villani plädierte die Wirtschaftsministerin mit Nachdruck dafür, die Zusammenarbeit zwischen Baden-Württemberg und Frankreich zu stärken. Baden-Württemberg wolle sich maßgeblich an dem von der Bundesregierung und dem französischen Präsidenten geplanten Deutsch-Französischen Zentrum für Künstliche Intelligenz beteiligen, und die Zusammenarbeit bei wichtigen KI-Themen wie zum Beispiel Maschinelles Lernen oder Robotik ausbauen, so Hoffmeister-Kraut.

Nach dem Rednerprogramm luden am Nachmittag zahlreiche Institutionen, wie beispielsweise das Digitale Innovationszentrum (DIZ) mit Sitz im CyberForum in Karlsruhe, zu verschiedenen Workshop-Formaten rund um die Digitalisierung von Unternehmen aber auch zu Themen wie „Digitales Lernen“ oder „KI in der Gesundheitsbranche“.  Dabei wurden neben Erfolgsgeschichten und Best Practices aus dem Mittelstand auch konkrete Fördermöglichkeiten, wie beispielsweise eine Digitalisierungsprämie vorgestellt, mit der in den letzten neun Monaten weit über 1.500 Unternehmen bei der Umsetzung konkreter Digitalisierungsprojekte mit bis zu 10.000 Euro unterstützt wurden.

Bei allen Diskussionen und Fortschritten, wolle man stets auch ethische Fragen im Zusammenhang mit KI ins Zentrum stellen. Hoffmeister-Kraut zeigte sich überzeugt, dass „langfristig gesehen eine menschenzentrierte KI die besten Marktchancen haben wird“.

Der Digitalgipfel ist die zentrale Spitzenveranstaltung der Initiative Wirtschaft 4.0, die von der Wirtschaftsministerin vor zwei Jahren gestartet wurde (s. Kastentext). Im Rahmen der Initiative unterstützt das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit 36 Partnern aus Unternehmen, Kammern und Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft und Wirtschaftsorganisationen Unternehmen im Land bei der digitalen Transformation.

Dass ein „Innovationspark KI‘ ein physisches Wertschöpfungszentrum für KI-Produkte und -Dienstleistungen abgeben würde, davon zeigte sich die Ministerin bereits in ihrer Keynote überzeugt. In einer anschließenden Podiumsdiskussion warb David Hermanns aus Sicht des CyberForum für den Standort Karlsruhe. Er machte deutlich, dass in der badischen Metropole tatsächlich ein Ecosystem existiere, das alle relevanten Stakeholder in Sichtweite miteinander verbinde – und die Nähe zu Frankreich schon heute für gemeinsame Entwicklungen genutzt werde.

Wie, wann und von wem die Machbarkeitsstudie für den „Innovationspark KI“ in Auftrag gegeben und erstellt werde, das ließ Hoffmeister-Kraut noch offen. Die Studie solle jedenfalls Aufschluss darüber geben, welche wirtschaftlichen, finanziellen, technischen und rechtlichen Fragen geklärt werden müssten und sie solle auch den unabdingbaren Flächenbedarf vorab hinreichend klären, so die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut.

Digitalisierungsstrategie des Landes

Die Digitalisierung ist ein zentraler Arbeitsschwerpunkt der Landesregierung: Rund 1 Milliarde Euro werden in dieser Legislaturperiode in die Digitalisierung investiert, rund die Hälfte davon in den Ausbau der digitalen Infrastruktur. Alle Vorhaben werden unter dem Dach des Digitalisierungsministeriums koordiniert und gebündelt.

Mit „digital@bw“ wurde im Sommer 2017 die erste landesweite und ressortübergreifende Digitalisierungsstrategie vorgestellt. Dazu werden rund 70 ganz konkrete Projekte mit einem Volumen von 265 Millionen Euro umgesetzt, um Baden-Württemberg als Leitregion des digitalen Wandels in Europa zu verankern. Schwerpunkte von „digital@bw“ sind die Bereiche Intelligente Mobilität der Zukunft, digitale Start-Ups, Wirtschaft 4.0, Bildung und Weiterbildung in Zeiten der Digitalisierung, digitale Gesundheitsanwendungen sowie digitale Zukunftskommunen und Verwaltung 4.0. Dazu kommen die Querschnittsbereiche Forschung, Entwicklung und Innovation, Nachhaltigkeit und Energiewende, Datensicherheit, Datenschutz und Verbraucherschutz.