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Am 3. Dezember findet die AIxIA 2020 statt. Wir haben vorab mit einem der Speaker, Michael Klingel von Netze BW, über die Bedeutung von künstlicher Intelligenz im Energiesektor gesprochen.

Lieber Michael, du bist im Energiedatenmanagement für die Netze BW, einer Tochtergesellschaft der EnBW zuständig. Erzähl uns doch kurz, was du dort so machst und wie dein Arbeitsalltag aussieht.

Hallo Frank, richtig, ich bin bei der Netze BW im Programm #NETZlive als Product Owner tätig und für das Produkt NETZtransparenz zuständig. Im Mittelpunkt steht hier die Digitalisierung der Verteilnetze.

Als Product Owner verantworte ich die kontinuierliche (Weiter-)Entwicklung meines Produkts. Ich sorge mit meinem Team dafür, dass unsere Features sich an den Use Cases und Anforderungen unserer Anwender orientieren und somit echte Mehrwerte schaffen. Das bedeutet in der täglichen Arbeit – neben den herkömmlichen Methoden der agilen Produktentwicklung – vor allem viel Austausch mit meinem Team und unseren Stakeholdern. 

Auf der Website von #NETZlive heißt es: „Die Energiewelt verändert sich“ – was ist damit gemeint und welche Rolle spielt dabei das Thema künstliche Intelligenz?

Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Hochlauf der Elektromobilität bewirken eine disruptive Veränderung des Energiesystems wie wir es heute kennen. Die Einspeisung des Stroms verschiebt sich von der Höchst- und Hoch- in die Mittel- und Niederspannung. Zudem nehmen Lastspitzen zu. Dies stellt Verteilnetzbetreiber vor enorme Herausforderungen bei der Gewährleistung der Systemstabilität. 

Künstliche Intelligenz ist aus unserer Sicht ein zentrales Werkzeug beim Umgang mit diesen Herausforderungen: die Netze werden digital und uns steht künftig eine Vielzahl an Daten zur Verfügung. Die Kunst ist es, diese Daten sinnvoll und anwenderorientiert zu nutzen und somit echte Mehrwerte zu schaffen. Das machen wir mit Hilfe künstlicher Intelligenz in einer Reihe von digitalen Produkten.

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Weitere Informationen

Du hast dein Produkt eingangs schon angesprochen: ein Teil von #NETZlive ist der „NETZtransparenz“ – was hat es damit konkret auf sich?

Im Produkt NETZtransparenz sind wir auf drei Ebenen unterwegs. Zunächst erheben wir Messdaten aus dem Mittel- und Niederspannungsnetz. Hierfür nutzen wir bereits vorhandene Sensorik, die wir umparametrieren und somit kommunikationsfähig machen – und bringen zudem ganz neue Sensoren in das Netz ein. Messdaten allein bringen uns jedoch noch nicht weiter. Wir verorten im zweiten Schritt diese Messdaten topologisch in unseren Netzmodellen und schaffen mit unserem Produkt Betriebsmittelhierarchie eine systemübergreifende Transparenz über unsere technischen Anlagen. Damit unterstützen wir die Netzplanung und -führung. 

Michael Klingel
Michael Klingel ist Product Owner von NETZtransparenz bei Netze BW.

Die erhobenen Daten bereiten wir im dritten Schritt entsprechend der Anforderungen unserer Enduser auf und stellen sie in Realtime zur Verfügung. Einer dieser Anwendungsfälle ist die „State Estimation“, zu Deutsch: Netzzustandsschätzung. Damit können wir den Netzzustand in Echtzeit abschätzen und vermeiden so einen kostenintensiven Voll-Roll-Out von Messtechnik – und bringen dennoch Licht ins Verteilnetz.

Welche Chancen und Risiken siehst du in den Bereichen „Künstliche Intelligenz“ und „Machine Learning“ ganz allgemein?

Die Energienetze wandeln sich und werden digitaler. Wir sehen das darin, dass die Zahl der möglichen Messsensoren deutlich ansteigt. Das ist für uns auch wichtig, denn mit dem aktuellen „analogen“ Ansatz sind wir „blind“ gegenüber den Herausforderungen der Energiewende. Hier sehen wir großes Potential, die künstliche Intelligenz zur Sicherheit der Energieversorgung einzusetzen – sei es, um Einspeisung aus Erneuerbaren Energien besser prognostizieren zu können oder auch um den Ausfall von Betriebsmitteln vorherzusagen.

Die Kehrseite der Medaille ist eine neue Angreifbarkeit unserer Netze und damit der Energieversorgung. Wenn mehr Informationen auslesbar und mehr Anlagen steuerbar sind, besteht ein höheres Potential der Kompromittierbarkeit. Dem begegnen wir bei der Netze BW mit hohen IT Security Anforderungen. Beispielsweise sind Teile unserer IT-Infrastruktur schon heute KRITIS zertifiziert. IT Security wird in Zukunft eine noch größere Rolle spielen.