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Längst teilen wir uns mit anderen das Auto, die Putzkraft, unser Werkzeug und das Gästezimmer. Alles unter dem Motto: Vorhandenes effektiver nutzen und dafür auch noch Geld bekommen. Wie aber sieht es mit Wissen und der Share Economy aus? Sind MOOC, e-Learning und e-Teaching die Zukunft? 

Die Antwort ist so naheliegend. Seit Jahrhunderten sammeln Menschen das Wissen in Bibliotheken und stellen es der Gesellschaft zur Verfügung. Die Bücherei um die Ecke ist wohl eines der ältesten Modelle der Share Economy im Wissens- und Bildungsbereich. Aber durch die Digitalisierung erfährt das Modell weitere Ausprägungen.

Share Economy: Ausprägungen im Bildungsbereich

Die US-Plattform TeachersPayTeachers basiert beispielsweise auf der Idee, dass nicht jeder Lehrer das Rad neu erfindet, sondern sich auf Materialien vergangener Jahre oder das der Kollegen stützt. Bewährte Konzepte statt Experimente benötigen nicht nur weniger Vorbereitungszeit, sondern helfen auch den Schülern.

Ein Beispiel: Laura Randazzo, eine Englisch-Lehrerin in Kalifornien hat auf dem Marktplatz ein PDF hochgeladen, mit dessen Hilfe Schüler die Charaktere eines Buches anhand von Hintergrundbild, E-Mails und Musik-Wiedergabelisten auf einem Smartphone beschreiben. Die beiden Seiten – bestehend aus Anleitung und Druckvorlage – erhalten Lehrer für umgerechnet 1,14 Euro. Verkauft hat sich der Zweiseiter mit einer Bewertung von vier von vier Sternen schon über 4.000 Mal. Für Randazzo, die für das Einstellen 15 Prozent an den Seitenbetreiber abführt, ein lukratives Geschäft. Gleichzeitig erhalten die Kollegen an anderen Schulen kostengünstig einen innovativen Ansatz zur Literaturanalyse, auf den sie vielleicht nicht gekommen wären. Eine Win-Win-Situation und perfektes Beispiel für die Share Economy, in der es darum geht, vorhandene Ressourcen zu teilen und so Ressourcen zu sparen.

In Deutschland verfolgt schulportal.de ein ähnliches Konzept. Statt Bezahlung erhalten Lehrkräfte hier für hochgeladene Dokumente Punkte, deren Menge sich an Qualität und Menge der Materialien orientiert. Nach der Gutschrift auf dem Punktekonto können damit wiederum die Arbeiten von Kollegen gekauft werden. Ein ähnliches Konzept, jedoch ohne Punktekonto, dafür aber mit Kommentar-Funktion und Forum ist 4teachers.de.

MOOC: Neue Wege für Universitäten

Was mit Druckvorlagen in der Primarstufe und den Sekundarstufen klappt, funktioniert im Tertiärbereich auf anderer Ebene. Statt Lehrplan bestimmen die Universitäten ihr Curriculum mit unterschiedlichen Inhalten. Share Economy findet in Form sogenannter Massive Open Online Courses – kurz MOOCs – statt.

Damit aus einem Online-Kurs ein MOOC wird, muss dieser laut e-teaching.org über mindestens 150 Teilnehmer verfügen, keinerlei Zulassungsbeschränkungen enthalten, ausschließlich webbasiert und als Kurs mit festem Anfangs- und Endtermin konzipiert sein. Unterschieden wird zwischen als Seminar angelegten cMOOCs und vorlesungsähnlichen xMOOCs. Dabei sind es vor allem erstere, die Aufgrund des Austauschs untereinander und durch das zur Verfügung stellen der eigenen Zeit dem Ideal der Share Economy entspricht.

Vorreiter in Deutschland ist das Portal Iversity. Auf der Online-Lernplattform können europäische Hochschulen und Lehrende Online-Kurse auf akademischem Niveau anbieten. Mit fast einer Million Kurseinschreibungen zählt Iversity zu den wichtigsten Anbietern von Online-Kursen in Europa. Mit Kursen wie „Visual Thinking for Business – Make Your Point“ (Teilnahmegebühren: 399 Euro) versucht Iversity nun auch in den Markt der beruflichen Weiterbildungen einzutreten.

Eine Ausweitung auf die Privatwirtschaft ist auch notwendig. Die Produktion eines MOOC bemisst Iversity auf rund 25.000 Euro – eine Hürde für chronisch unterfinanzierte Universitäten. Andererseits zwingen gerade die steigenden Kosten Universitäten, nach Alternativen zu klassischen Vorlesungen mit einer begrenzten Zuhörer-Anzahl zu suchen. Vor allem nur wenig besuchten Fächer bieten MOOCs Potenzial, wenn der Austausch von Seminaren und Vorlesung Curriculum-übergreifend stattfindet. Während die eine Universität eine Vorlesung spart, kann eine andere Institution einen zusätzlichen Kurs kostenfrei zur Verfügung stellen. Vom Sparpotenzial profitieren vor allem Hochschulen mit enger Kooperation. Auf dem Weg zur Wissensgesellschaft eine gute Investition.