Lesedauer ca. 4 Minuten

Welcome2Work unterstützt Geflüchtete bei der Arbeitsmarktintegration durch eine deutschlandweite mehrsprachige Online-Plattform und einem Patenkonzept. Wir haben mit den Gewinnern des diesjährigen ShareBW-Wettbewerbs gesprochen.

Lieber Julian, mit eurem Projekt Welcome2Work habt ihr es unter die Gewinner des diesjährigen ShareBW-Wettbewerbs geschafft. Was genau ist Welcome2Work?

Welcome2Work ist ein online-gestütztes Patenprogramm zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten in Deutschland. Wir bringen Flüchtlinge mit ehrenamtlichen Paten zusammen und unterstützen die Paten-Tandems durch unsere Erfahrung und unser Wissen in Form von Leitfäden, Checklisten und Vorlagen, um den Weg des Bewerbers in Arbeit und Ausbildung zu vereinfachen.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen?

Wir hatten uns schon davor in der Flüchtlingshilfe engagiert und einen Fußballtreff, einen Sprachkurs und eine Kinderbetreuung organisiert. Durch die Gespräche mit Geflüchteten erkannten wir, dass die meisten schnell arbeiten wollen, aber Schwierigkeiten beim Zugang zum Arbeitsmarkt haben. Somit entwickelten wir zunächst eine Jobbörse speziell für Flüchtlinge auf welcome2work.de und fokussierten uns daraufhin auf das Patenprogramm, um die Bewerber bestmöglich auf ihren Weg in Arbeit und Ausbildung zu unterstützen.

Erzähl uns doch etwas mehr darüber, wie die Vermittlung in der Praxis funktioniert. Wie bringt ihr Bewerber und Paten zusammen und was passiert auf dem Weg hin zur Jobvermittlung?

Über die Helferkreise und Sozialarbeiter, die eng mit Geflüchteten zusammenarbeiten, machen wir unser Paten-Programm bekannt. Wenn Interesse besteht, suchen wir nach Paten und veranstalten ein erstes Kennenlernen bei einem gemeinsamen Treffen. Dies ist in der Regel der regelmäßig stattfindende Stammtisch. Besteht die Patenschaft, werden verschiedene Schritte je nach den Bedürfnissen des Bewerbers durchlaufen. Zur Unterstützung bieten wir Module auf unserer Website an, die bei Berufsorientierung, Arbeitserlaubnis, Bewerbungsunterlagen, Berufsvorbereitung oder Behördengängen unterstützen.

Einen typischen Weg in den Arbeitsmarkt gibt es nicht. Manche brauchen nur Unterstützung bei den Bewerbungsunterlagen oder der Stellensuche, bei anderen ist noch gar nicht klar, was sie werden wollen oder sie müssen noch beim Deutsch-Lernen unterstützt werden.

Wie geht ihr mit Sprachbarrieren um?

Beim Matching der Paten-Tandems schauen wir, dass es möglichst eine gemeinsame Sprache gibt, auf der man sich verständigen kann. Falls dies nicht der Fall ist, benötigt der Pate teils viel Geduld, um sich zu verständigen. Die im Sommer 2015 angekommenen Geflüchteten sprechen allerdings mittlerweile vielmals ein passables Deutsch, mit dem man sich verständigen kann. Unsere für Bewerber relevanten Angebote auf der Website übersetzen wir gerade ins Arabische und Französische, um den Prozess weiter zu vereinfachen.

Wie wird Welcome2Work von Unternehmen angenommen? Gibt es Unterschiede hinsichtlich Unternehmensgröße oder Branche?

Ein Blick auf unsere Jobbörse zeigt, dass ganz unterschiedliche Unternehmen an dem Projekt interessiert sind. Vom Großkonzern bis zum kleinen Handwerksbetrieb oder Start-Up sind über viele Branchen hinweg Stellen geschaltet worden. Die bisherigen Vermittlungen in unserem Programm waren zumeist Vermittlungen in Ausbildung bei kleinen Handwerksbetrieben in der Region, da hier wohl ein Azubi-Mangel herrscht und einige Flüchtlinge ein großes technisches Interesse oder sogar bereits Erfahrung in dem Bereich haben.

Welcome2Work
Das Team von Welcome2Work.

Habt ihr Probleme, ehrenamtliche Helfer zu finden oder gibt es ausreichend Menschen, für die die Unterstützung anderer eine Herzensangelegenheit ist?

Das wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Anfang 2017 haben wir ein erstes internes Pilotprojekt gestartet und uns als Projektmitglieder selbst als Paten bereitgestellt. Im Mai haben wir dann nach Ehrenamtlichen gesucht, die in einem externen Pilotprojekt Paten werden wollen. Wir fanden mehr, als für den Pilot vorgesehen waren. Nun wollen wir in den kommenden Monaten 15 weitere Patenschaften etablieren, dann wird sich zeigen, wie groß die Bereitschaft ist.

Gibt es bürokratische Hürden, die eurer Arbeit im Wege stehen?

Je nach Asylstatus und Aufenthaltsdauer sind die bürokratischen Hürden unterschiedlich. Die Paten-Tandems darüber zu informieren stellt erst einmal einen gewissen Aufwand dar. Und wenn die Zustimmung der Arbeitserlaubnis durch die Ausländerbehörde erforderlich ist, dauert es natürlich immer ein wenig, bis die Arbeit aufgenommen werden kann, was natürlich weder dem Bewerber, noch dem Arbeitgeber gefällt.

Wie seid ihr auf die Idee gekommen, am shareBW-Wettbewerb teilzunehmen?

Ich persönlich war bei der Abschlussveranstaltung des vergangenen Jahres mit Jaron Lanier. Ich fand die Startups wie store2be oder GartenPaten sehr inspirierend und empfand es beeindruckend, was sie mit der shareBW-Förderung bereits geschafft hatten. Als ich dann gelesen hatte, dass es in diesem Jahr eine Kategorie „Integration/Participation“ gibt, erkannte ich, dass Welcome2Work perfekt zu den Kriterien passt.

Welche Veränderungen stehen – nach dem Sieg beim ShareBW-Wettbewerb – in den kommenden Monaten bei euch an?

Derzeit ist Welcome2Work Teil des gemeinnützigen Vereins Enactus KIT e.V. – nun werden wir uns in eine eigene Rechtsform ausgründen. Im Anschluss planen wir uns als Arbeitsvermittler zertifizieren zu lassen. Zudem werden wir unseren Webauftritt überarbeiten und eine App gestalten, um die Patenschaften noch besser unterstützen zu können.