Lesedauer ca. 4 Minuten

So sah früher also ein Computer aus: Mit seinen zahlreichen Röhren und Kabeln wirkt der in mehreren Metallschränken untergebrachte Rechner Z 22 wie ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten. Doch der unter Computerpionier Konrad Zuse entwickelte Röhrenrechner war im Jahre 1957 eines der fortschrittlichsten technischen Instrumente und damit ein wichtiger Wegbereiter der Digitalisierung. Der denkmalgeschützte Z 22 gehört seit mehreren Jahren zur Sammlung des Karlsruher ZKM I Zentrum für Kunst und Medien und darf wegen der strengen Vorgaben um keinen Zentimeter verrückt werden.

Doch nun wurden in den Fluren um den Z 22 weitere sehenswerte Werke und Installationen aus der umfangreichen Sammlung des Medienmuseums aufgebaut. Mit der Sonderausstellung „Writing the history of the future. Teil 1“ will das ZKM anlässlich des 30-jährigen Bestehens den Besucherinnen und Besuchern einen Einblick in die Geschichte von Digitalisierung und Medienkunst vermitteln. „Die Digitalisierung hat schon vor vielen Jahren begonnen und auch die deutschen Entwicklerinnen und Entwickler haben dabei eine wichtige Rolle gespielt“, nennt ZKM-Geschäftsführerin Christiane Riedel im Gespräch mit karlsruhe.digital einen Grund für die Sonderschau. Außerdem erhalte die künstlerische Auseinandersetzung mit modernen Medien durch diese Ausstellung eine angemessene Plattform.

Computergenerierte Bilder und Tausende Amateuraufnahmen

„Die Sammlung des ZKM hat einige sehr interessante Stücke, welche die Entwicklung der Medienkunst geradezu exemplarisch wiederspiegeln“, betont Riedel. Besonders deutlich wird das Wechselspiel zwischen Technik und Kunst beim Textgenerator „Poetry Machine“ von David Link, bei dem die Museumsgäste die vom Computer aus dem Internet gesammelten Zufallstexte durch eigene Satzfragmente ergänzen dürfen. Moderne Technik als Mittel zur Medienkunst nutzte auch der Japaner Hiroshi Kawano 1969 für sein Werk „Simulated Color Mosaic“, ein rechnergeneriertes buntes Bild aus gelben, roten, blauen und schwarzen geometrischen Figuren. Bilder spielen bei der Ausstellung auch sonst eine wichtige Rolle und für das 1978 konzipierte Kunstwerk „Alle Macht den Amateuren“ von Dieter Hacker wurden 10.000 Fotoabzüge scheinbar wahllos in einem rund 20 Quadratmeter großem Raum ausgebreitet. Und für die audiovisuellen Effekte sorgt nicht zuletzt ein Werk des 2016 verstorbenen Filmemachers Gideon Bachmann. Einer seiner künstlerischen Leitsätze: „Für alles gibt es Museen. Nur für die menschliche Stimme gibt es kein Museum. Dabei ist die menschliche Stimme das Ausdrucksstärkste, was der Mensch besitzt“.

„Medienkunst ermöglicht den Blick in die Zukunft“

Der Titel der Ausstellung (Ins Deutsche übersetzt: Die Geschichte der Zukunft schreiben) ist für Riedel übrigens Teil des ZKM-Programms. „Die Medienkunst ermöglicht den Menschen den Blick in die Zukunft. Deshalb beschäftigt sich das ZKM gerne mit Szenarien, die erst in zehn oder 20 Jahren Realität werden“, betont Riedel. Am 24. Mai wird deshalb im Erdgeschoss anstelle der aktuellen Sonderschau „Open Codes“, die am 7. April endet, der zweite Teil von „Writing the history of the future“ eröffnet. Dabei stehen die in den vergangenen drei Jahrzehnten im ZKM entwickelten Sammlungsstücke im Fokus. Mit der Präsentation dieser Kunstwerke will das ZKM an den großen Erfolg der mehrmals verlängerten „Open Codes“ anknüpfen. „Der Besuch der Ausstellung ist am Anfang ebenfalls kostenfrei und es wird auch wieder Lounge-Bereiche geben“, verspricht Riedel. Kostenfreie Snacks und Kaffeegetränke wird es nach dem Ende von „Open Codes“ allerdings nicht mehr geben.

Bürgerdialog spielt im ZKM auch künftig eine wichtige Rolle

Der bei „Open Codes“ praktizierte Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern wird im ZKM weiterhin eine hohe Priorität genießen. Das Postulat „Es ist verboten, nicht zu partizipieren. Es ist verboten, nicht zu berühren“ des französischen Künstlerkollektivs „Groupe de Recherche d`Art Visuel“, das derzeit an einer Wand im ersten Obergeschoss zu lesen ist, soll damit weiter mit Leben gefüllt werden. Außerdem sei das ZKM wichtiger Bestandteil eines funktionierenden überregionalen Netzwerks aus Künstlern und Unternehmern. „In manchen Bereichen der Digitalisierung spielt Karlsruhe eine echte Vorreiterrolle und daran wollen wir mit unserer Arbeit immer wieder erinnern“, betont Riedel. Und von den rund 220 000 Besucherinnen und Besuchern pro Jahr sei der überwiegende Teil immer noch die „Laufkunstschaft“ aus der Fächerstadt.

Dass selbst eine weltweit beachtete Einrichtung wie das ZKM in punkto Besucherzahlen nicht mit den bekanntesten Museen in touristischen Metropolen wie New York, Paris oder London mithalten kann, daran wird sich nach Riedels Einschätzung allerdings in naher Zukunft nichts ändern. „Karlsruhe ist eben kein Touristenmagnet“, sagt die ZKM-Chefin. Allerdings habe man sich mittlerweile eine neue Strategie zur Bewerbung des Medienmuseums überlegt. „Wir wollen das ZKM im internationalen Kontext künftig öfters gemeinsam mit dem Schlagwort Black Forest bewerben“, so Riedel. „Denn der Schwarzwald hat auf der ganzen Welt eine noch größere Anziehungskraft als touristisch bekannte Städte wie Heidelberg oder Basel.“