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Mit einer guten Idee zu gründen, ist schon schwierig genug, aber noch problematischer scheint für viele junge Entrepreneure die Ansprache von Investoren zu sein. In loser Folge werde ich über lustige und bedenkliche Herangehensweisen von Gründern an dieses wichtige Thema berichten. „Alles ist für etwas gut … und sei es nur als schlechtes Beispiel“ und man kann seinen Pitch schon im Email-Anschreiben gründlich versauen.

Die kalte Ansprache von Investoren ist ohnehin ein schwieriges Unterfangen. Gründer können die Chancen aber schon von Anbeginn minimieren und viele nutzen das auch aus. Das Drama fängt schon mit der genutzten Mailadresse an. Billiboy69@hotmail.com wirkt nun einmal nicht vertrauensbildend beim Empfänger, ganz abgesehen davon, dass Post von diesen Adressen meist im Spamfilter landen. Noch ungeschickter sind Massenmails, die an einen offenen Verteiler gesendet werden. Da fühlt man sich gleich wertgeschätzt, wenn man mit vielen bekannten und völlig unbekannten Investoren als laufende Nummer 25 angesprochen wird.

Textwüsten mit Bullshit Bingo

Die Fettnäpfchen sind aber auch im Text gut verteilt und werden von vielen eifrig genutzt. Ich will gar nicht von normaler Email-Etikette sprechen wie Schriftgröße, saubere Anrede, Rechtschreibung oder Grußformel zum Schluss. Wenn ich aber 50 Zeilen Volltext brauche, um die simple Idee zu erklären, dann kann ich mir schon vorstellen wie die Kundenansprache im Produkt aussieht. Im günstigen Fall wird der Text auf die wichtigsten Aussagen reduziert und man kann sich ein schnelles Bild machen. Worthülsen und Boiler Plates hagelt es en masse und vielleicht sind sie auch nicht zu vermeiden, um die Aufmerksamkeit zu bekommen. Meist aber rutschen die benutzten Vergleiche zur Illustration der großen Chance völlig aus dem Bild. Da gibt es das Amazon der Freizeitgestaltung, das Uber der Lüfte, das Google des öffentlichen Nahverkehrs, das Airbnb des Europäischem Kulturerbes oder das Zalando für Erotikunterhaltung. Ich schrei vor Glück! Phantasie bei VC zu wecken ist ja prima, aber Markt und Dimension müssen stimmen. Und glaubhaft muss das Ganze natürlich auch sein.

Postfachverstopfung und Ressourcenvergeudung

Gerne daneben gegriffen wird auch bei der Wahl der Medien. Anstatt einfach eine PDF zu verschicken, werden die krudesten Formate wie epub, odt oder fette offene Dateien in pages oder ppt verschickt. Gerne genommen wird auch ein Link auf eine Webseite, die – wenn sie der Browser überhaupt aufmacht – Installationen und Logins verlangen, die mehr Zeit kosten als das Lesen des Pitch Decks selbst. Die größte Pest sind allerdings Ansprachen durch M&A-Berater schon für Seed-Finanzierungen, die erst mal eine Vertraulichkeitserklärung verlangen. Inzwischen sollte durchgedrungen sein, dass VC-Gesellschaften praktisch nie Non-Disclosures unterschreiben. Der Aufwand in der Verwaltung steht in keinem Verhältnis zum Effekt und oft gleichen sich Ideen in dieser frühen Phase wie ein Ei dem anderen. Deswegen wird sich ein VC diesbezüglich nie verpflichten. Beliebt sind M&A-Berater bei mir persönlich auch, weil sie zur Unterlegung ihrer Existenzberechtigung den Zugang zu den Gründern kontrollieren und für diese verhandeln wollen, völlig daneben in einer Seed- oder Round-A-Finanzierung. Und sie sind die einzigen, die mehrmals anrufen, um eine Antwort einzufordern oder eine Absage zu diskutieren.

Man kann also viel Spaß haben beim Lesen der täglichen Inbox und viele VCs lehnen deshalb die Annahme von kalten Emails schlicht ab. Das ist tatsächlich ein mühsames Geschäft, aber da unser allerbestes Investment aus einer kalten Ansprache hervorging, küsse ich weiter die vielen Frösche, in der Hoffnung, dass mal wieder ein Prinz hereinkommt.