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Heute werde ich es schaffen. Eine der größten Lügen des Arbeitsalltags. Gemeint ist unser Optimismus, wenn wir uns vorstellen, wie wir mit vielen triumphalen Häkchen über unsere Aufgaben fliegen, um unsere To-Do-Liste abzuarbeiten. Doch stattdessen wird die Liste immer länger, je mehr wir abhaken. Eine seltsame, sich selbst vermehrende Masse, die uns in den Wahnsinn treibt.

Diese zarten Momente des Glücks, wenn wir zum ersten Mal eine To-Do-Liste aufschreiben. Das Gefühl der Kontrolle. Eine gewaltige Macht, die uns innewohnt. Wir sind bereit. Heute packen wir’s an. Und dann – der Fallstrick. Die Liste beginnt, sich zu verselbstständigen. Jeder Punkt, den wir abhaken, wird von drei neuen ersetzt. Es ist, als hätten unsere Aufgaben ein Eigenleben entwickelt. Die To-Do-Liste – ein vielversprechender Freund, der uns am Ende im Stich lässt.

Warum trotzdem diese Liebe? Warum können wir uns so schwer von ihr lösen? Wahrscheinlich, weil sie uns vorgaukelt, dass wir alles im Griff haben. Sie gibt uns das Gefühl, dass wir alles kontrollieren können. Jedes Häkchen ein kleiner Sieg. Doch feiert man gerade noch den Sieg, drängt sich unten schon der nächste Punkt wie ein hungriger Schatten auf die Liste. Das war’s dann. Da fliegt sie hin die Euphorie. Durch jedes Abhaken scheint sich die Liste wieder neu aufzuladen. Hopp, schön weiter geht’s!  Ohne Rücksicht darauf, wie oft wir uns anstrengen. Dabei haben wir doch schon so vieles erledigt.

Was, wenn wir die Liste nicht abarbeiten? Dann fühlen wir uns mies und unzulänglich. Klein und nutzlos. Faul. Warum lassen wir uns von so einer simplen Ansammlung von Worten und Häkchen so aus der Bahn werfen? Weil die Liste unser Maßstab für Erfolg ist? Vielleicht auch, weil Erledigtes sich einfach gut anfühlt. Satisfying. Ein Hochgefühl, das nach Belohnung ruft.

Aber sie schmerzt auch. Weil sie uns an die ständige Flut von Aufgaben erinnert, die uns nie zur Ruhe kommen lässt. Und doch – wenn wir die Liste vor uns haben, fühlen wir uns irgendwie sicherer. To-Do-Listen sind verlogene Helfer, die uns glauben lassen, dass wir alles im Griff haben – während sie uns einfach nur an der Nase rumführen.

Warum tun wir uns das an? Vielleicht, weil wir die Hoffnung nie aufgeben können, dass die nächste Liste wirklich die letzte ist. Aber tief im Inneren wissen wir es besser. Es wird immer eine neue Liste kommen. Und wir? Wir werden sie immer wieder lieben. Oder hassen.