Wir können uns die Implementierung von KI in KMUs wie eine Reise auf der Autobahn vorstellen. Obwohl die Geschwindigkeit der KI-Anwendungen täglich die Prozesse verändern kann, spielen auch die Schilder, die auf Herausforderungen und Gründe für die Implementierung hinweisen, eine wichtige Rolle. Auf diese Reise hat uns Dr.-Ing. Magnus Kandler, Berater, Organisationsentwickler und Coach in Technologie und Organisation, beim UnternehmerTreffen in Baden-Baden mitgenommen und die vier Phasen des KI-Implementierungsmodells, welches die sieben Phasen des CRISP-DM Zyklus (Cross-Industry Standard Process for Data Mining) enthält, erklärt.
Die KI-Implementierung betrifft viele Bereiche, von der Produktentwicklung über die Medizin bis hin zur Spracherkennung und Bildverarbeitung. In der Medizin wird KI beispielsweise zur Tumorerkennung oder Impfstoffforschung eingesetzt. In der Industrie verbessert sie Produktionsprozesse, indem sie Ausschuss reduziert und die Produktqualität steigert. Auch im Einzelhandel gibt es Fortschritte, etwa bei automatischen Kassen, die Produkte per Bilderkennung identifizieren.
Maschinelles Lernen (ML) eignet sich für:
- Probleme, deren Lösung lange Listen von handkodierten Regeln erfordert: ML kann die Regeln selbständig lernen und anpassen, was viel Zeit und Mühe spart.
- Komplexe Daten: ML ist in der Lage, hochdimensionale Datensätze zu verarbeiten und Muster zu erkennen, die für Menschen schwer zu durchschauen sind.
- Sich ändernde Datengrundlagen: ML-Modelle können für neue Daten nachtrainiert und angepasst werden, um immer auf dem neuesten Stand zu bleiben.
- Probleme, für die große Mengen an hochwertigen Daten vorliegen: Große Datenmengen sind ein „Motivator“ für ML, da sie die Modelle verbessern und präzisere Ergebnisse liefern.
Gründe für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz
Künstliche Intelligenz (KI) bietet zahlreiche Vorteile und kann in vielen Bereichen eingesetzt werden, um Prozesse zu optimieren und neue Lösungen zu generieren. Hier sind einige Gründe, warum Unternehmen KI einsetzen:
- Unreife Prozesse: KI kann helfen, Prozesse zu optimieren und effizienter zu gestalten.
- Prozessoptimierung: Durch den Einsatz von KI können Prozesse analysiert und verbessert werden.
- Generierung neuer Lösungen: KI kann innovative Lösungen und Ansätze entwickeln.
- Anomalieerkennung: KI kann Abweichungen und Anomalien in Daten und Prozessen erkennen.
- Wissen aus den Daten generieren: KI kann wertvolle Erkenntnisse aus großen Datenmengen extrahieren.
- Steigerung von Effizienz und Flexibilität: KI kann die Effizienz und Flexibilität von Produktionsprozessen erhöhen.
- Produktqualität verbessern: KI kann die Qualität von Produkten durch kontinuierliche Überwachung und Anpassung verbessern.
- Condition-Monitoring: KI kann den Zustand von Maschinen und Anlagen überwachen und vorausschauende Wartung ermöglichen.
Herausforderungen
Die Implementierung von KI und Digitalisierung in der Produktion bringt einige Herausforderungen mit sich, die Unternehmen bewältigen müssen, wie z.B.
- Technologie und Infrastruktur: Die notwendige technologische Infrastruktur muss vorhanden sein, um KI erfolgreich zu implementieren.
- Datenqualität: Die Qualität der Daten ist entscheidend für den Erfolg von KI-Projekten. Schlechte Datenqualität kann zu ungenauen Ergebnissen führen.
- Datenerfassung: Daten müssen systematisch erfasst und aufbereitet werden, um für KI-Anwendungen nutzbar zu sein.
- Mangel an KI-Talenten: Es gibt einen Mangel an qualifizierten Fachkräften für die Entwicklung und Implementierung von KI.
- Zieldefinition: Klare Ziele und Anforderungen müssen definiert werden, um den Erfolg sicherzustellen.
- Generalisierbarkeit des Lernens: Die Modelle müssen in der Lage sein, auf neue und unbekannte Daten zu generalisieren.
- Beschaffung ausreichender Trainingsdaten: Es müssen genügend hochwertige Daten für das Training der Modelle vorhanden sein.
- Datenkultur: Eine Kultur des Datenmanagements und der Datenanalyse muss im Unternehmen etabliert werden, um den vollen Nutzen aus KI zu ziehen.
CRISP-DM Zyklus
Das KI-Implementierungsmodell orientiert sich am CRISP-DM Zyklus (Cross-Industry Standard Process for Data Mining), welches ein bewährtes Vorgehensmodell zur Einführung und Implementierung von Künstlicher Intelligenz (KI) in Unternehmen darstellt. Das Modell besteht aus mehreren Phasen, die systematisch durchlaufen werden, um erfolgreiche KI-Projekte zu gewährleisten.
1. Discovery-Phase: In dieser Phase geht es darum, erste Ideen und Potenziale für den Einsatz von KI im Unternehmen zu identifizieren. Wichtige Fragen dabei sind:
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- Welche Prozesse könnten durch KI verbessert werden?
- Welche Daten sind bereits vorhanden, und wie werden sie genutzt?
- Gibt es strukturiertes oder unstrukturiertes Datenmaterial?
- Welche technologischen Voraussetzungen existieren bereits?
Beispiel für ein KMU: Ein mittelständischer Hersteller von Maschinenbauteilen könnte in Workshops mit Führungskräften und Experten herausfinden, dass die Qualitätssicherung durch KI verbessert werden könnte. Es wird festgestellt, dass bereits viele Produktionsdaten vorhanden sind, die bisher jedoch nicht systematisch genutzt wurden.
2. Deep-Dive-Phase: Nachdem potenzielle KI-Anwendungsfälle identifiziert wurden, erfolgt eine detaillierte Analyse:
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- Welche Daten sind für den Anwendungsfall relevant, und in welcher Qualität liegen sie vor?
- Sind die Daten ausreichend, oder müssen weitere generiert oder ergänzt werden?
- Welche technischen Anforderungen ergeben sich daraus?
Beispiel für ein KMU: Der Maschinenbauer analysiert die vorhandenen Produktionsdaten und stellt fest, dass einige Daten unvollständig oder fehlerhaft sind. Es wird entschieden, zusätzliche Sensoren an den Maschinen zu installieren, um genauere und vollständigere Daten zu erfassen.
3. Design-Phase: In dieser Phase wird die KI-Anwendung konkret geplant und gestaltet:
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- Wie soll die KI in bestehende Prozesse integriert werden?
- Welche Stakeholder (z. B. Management, IT, Produktion) müssen einbezogen werden?
- Welche Schnittstellen sind notwendig (z. B. Sensoren, Kameras, Datenbanken)?
- Welche ethischen und rechtlichen Aspekte müssen berücksichtigt werden?
Beispiel für ein KMU: Das Unternehmen entwickelt ein Prototyp für ein KI-System, das die Produktionsdaten in Echtzeit analysiert und Qualitätsprobleme frühzeitig erkennt. IT- und Produktionsteams arbeiten zusammen, um die notwendigen Schnittstellen zu definieren und sicherzustellen, dass die Lösung in die bestehende Infrastruktur integriert werden kann.
4. Upload-Phase: Dies ist die Implementierungsphase, in der die KI-Lösung in das Unternehmen integriert wird:
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- Tests und Optimierungen werden durchgeführt, um die Funktionalität sicherzustellen.
- Mitarbeitende werden geschult, um die Akzeptanz und Nutzung der neuen Lösung zu fördern.
- Die KI wird in die bestehende Infrastruktur eingebunden und überwacht.
- Eine kontinuierliche Verbesserung der KI-Modelle erfolgt durch Feedback und neue Daten.
Beispiel für ein KMU: Das KI-System wird in den Produktionsprozess integriert und durchläuft eine Testphase, in der es optimiert wird. Mitarbeitende werden geschult, um das System effektiv zu nutzen und zu überwachen. Durch kontinuierliches Feedback und die Analyse neuer Daten wird das System weiter verbessert, um die Qualitätssicherung zu optimieren.
Das Ziel dieser Phase ist es, eine einsatzfähige KI-Lösung bereitzustellen, die reibungslos funktioniert und einen echten Mehrwert für das Unternehmen schafft.
Fazit
Die Implementierung von Künstlicher Intelligenz (KI) in kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMUs) bietet zahlreiche Vorteile, von der Prozessoptimierung bis hin zur Verbesserung der Produktqualität. Der CRISP-DM Zyklus stellt dabei ein bewährtes Vorgehensmodell dar, das Unternehmen systematisch durch die verschiedenen Phasen der KI-Einführung führt. Trotz der Herausforderungen, wie der Sicherstellung der Datenqualität und dem Mangel an KI-Talenten, können KMUs durch gezielte Planung und Schulung der Mitarbeitenden erfolgreich KI-Lösungen implementieren und so ihre Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit steigern.
Branchenzentriert qualifizieren
Im Rahmen des Aufrufs „Branchenzentriert qualifizieren – Zukunft sichern“ wird durch das ESF-Plus Projekt „Branchen-Quali-Digital“ die IKT-Branche in Baden-Württemberg durch branchenzentrierte Qualifizierung zukunftsfähig aufgestellt, damit sie Treiber von Innovation und gesamtwirtschaftlichem Wachstum in nahezu allen anderen Wirtschaftsbereichen bleibt.
Kofinanziert vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und des Landes Baden-Württemberg.