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KI ist ein hervorragendes Werkzeug, um durch die automatische Auswertung von Produktions-, Betriebs- und Gebäudedaten die Ressourceneffizienz zu erhöhen und Energie einzusparen. Den richtigen Ansatz zu finden, fällt angesichts des riesigen Tableaus von KI-Methoden oft schwer.

Deshalb helfen KI-Trainer:innen des Mittelstand-Digital Zentrums Klima.Neutral.Digital und Angebote wie das KIlab.EE, Hemmschwellen abzubauen, Probleme und Lösungsansätze zu strukturieren und die Umsetzung anzupacken. Eine dieser KI-Trainerinnen ist Jessica Hofmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW). Sie hat in einer Online-Infoveranstaltung des Netzwerks „Nachhaltige IT Region Stuttgart“ über das Thema „Ressourceneffizienz durch KI“ informiert.

Was kann KI?

Beschäftigt man sich als Unternehmen mit Künstlicher Intelligenz sollte im ersten Schritt nicht die Frage „Was ist KI?“, sondern vielmehr die Frage „Was kann KI?“ im Fokus stehen. Wer begriffen hat, für was KI eingesetzt werden kann, tut sich leichter selbst Use-Cases zu finden. Künstliche Intelligenz kann dabei insbesondere für folgende Anwendungsfälle hilfreich sein:

  • Prognosen & Vorhersagen
  • Anomalieerkennung & Qualitätskontrolle
  • Generieren von Inhalten
  • Mustererkennung
  • Klassifikation
  • Automatisierung
  • Datenbasierte Entscheidungsfindung
  • Simulation & Optimierung

In einem weiteren Wissensbit, der noch erscheinen wird, werden verschiedene Praxisbeispiele für solche Anwendungsfälle vorgestellt. Hierbei soll auf den Nutzen und vermeidbare Stolpersteine beim Einsatz entsprechender Werkzeuge eingegangen werden.

Use-Case Findung – Was ist geeignet?

Wer sich auf die Suche nach Use-Cases im eigenen Unternehmen begibt, muss auf einiges achten. Das macht es gerade für Unerfahrene schwer, geeignete Use-Cases zu finden. Aber es gibt Fragen, die man sich stellen kann und deren Antworten Hinweise liefern können, wo Potenzial für KI liegt.

  • Welche Prozesse sind besonders fehleranfällig oder ineffizient?

Hier geht es darum festzustellen, wo in bestehenden Prozessen immer wiederkehrende Probleme auftreten, Probleme zu spät erkannt werden oder eine manuelle Fehlersuche notwendig ist. Der Hintergrund dazu ist, dass auch komplexe Zusammenhänge, die auf Fehler hindeuten von KI-Modellen oft schneller gefunden werden können. Hier sitzt also ein großer Hebel bezüglich Ressourcenverschwendung.

  • Wo in meinen Prozessen fallen Daten an?

Eines der wichtigsten Themen, wenn es darum geht KI einzusetzen, ist das Thema Daten. Soll eine KI genutzt werden, um für unternehmensspezifische Use-Cases eingesetzt zu werden, müssen zwingend ausreichend Daten vorhanden sein. Begibt man sich also auf die Suche nach Use-Cases, macht es immer Sinn zu schauen, wo im Unternehmen bereits Daten gesammelt werden. Wo werden in der Produktion beispielsweise Messdaten von Sensoren gesammelt oder Prozesse digital abgebildet? Oder gibt es bereits eine Datenbank über Kund:innen und ihre Kaufhistorie?

  • Wo entstehen hohe Kosten?

Schaut man sich die Prozesse im Unternehmen an lohnt es sich auch immer zu schauen, wo hohe Kosten anfallen – z. B. durch Ausschuss, Stillstand oder einen hohen Energieverbrauch. Da wo viel Ressourcen verbraucht werden, kann auch oft durch eine Optimierung mit KI einiges bewegt werden.

  • Welche Prozesse sind repetitiv und zeitintensiv?

In jedem Unternehmen finden sich Tätigkeitsaspekte, die sich immer wieder auf ähnliche Art und Weise wiederholen und die z. T. viel Zeit von den Mitarbeitenden einfordern. Gerade an diesen Stellen sollte genau hingeschaut werden. Sofern diese Prozesse sich digital abbilden lassen, kann hier Potenzial für eine (Teil-) Automatisierung zu finden sein.

  • Gibt es Prozesse mit hoher Variabilität oder komplexen Wechselwirkungen?

Wie bereits erwähnt ist KI sehr gut darin zugrunde liegende Muster in Daten zu finden und zu lernen. Darin sind KI-Modelle auch um einiges besser als wir Menschen. Gibt es also im Unternehmen Prozesse, die sehr komplexe Wechselwirkungen enthalten, sollte genauer hingeschaut werden. Gerade da wo eine Abschätzung des Outputs (z. B. die Produktqualität) schwer abzuschätzen ist, weil die Eingangsrohstoffe eine starke Varianz aufweisen, kann ein sinnvoller Use-Case zu finden sein.

Wurden aus diesen Fragen Use-Cases abgeleitet, sollte man sich dennoch überlegen, ob diese tatsächlich geeignet sind, um einen signifikanten Unterschied zu machen oder ob die Optimierung nur ein Nice-to-Have wäre. Weiterhin sollte hinterfragt werden, ob auch „versteckte“ Prozesse berücksichtigt wurden, die abteilungsübergreifend laufen. Umso größer das Unternehmen ist, umso schwerer sind solche abteilungsübergreifenden Prozesse zu überblicken und umso herausfordernder wird es die relevanten Daten und Abhängigkeiten zusammenzutragen. Aber gerade in diesen Prozessen können große Effizienz-Potenziale liegen.

Säulen der KI

Wie gut Künstliche Intelligenz im Unternehmen umgesetzt und integriert werden kann, fußt auf mehreren Aspekten: Daten, technische Machbarkeit, Wirtschaftlichkeit, dem Faktor Mensch und Sicherheit. Mit all diesen Säulen sollte man sich vor dem Einsatz von KI ausreichend beschäftigen, um mögliche Stolpersteine aus dem Weg zu räumen. Die Klärung dieser Aspekte benötigt oft das Fachwissen aus den einzelnen Abteilungen oder von KI-Expert:innen. Es sollten also alle wichtigen Wissenseigner:innen einbezogen werden.

  • Daten: Gibt es ausreichende und nutzbare Daten?
    • Welche Datenquellen sind bereits vorhanden (Sensoren, Maschinenprotokolle, ERP-Systeme)?
    • In welcher Qualität und Frequenz liegen die Daten vor?
    • Werden die Daten bereits zentral gespeichert oder liegen sie verteilt?
    • Können neue Sensoren oder Datenquellen einfach integriert werden?
  • Technische Machbarkeit: Lässt sich der Prozess sinnvoll automatisieren oder analysieren?
    • Welche Aufgaben sind aktuell stark von menschlichem Erfahrungswissen abhängig?
    • Gibt es viele externe Einflüsse, die eine zuverlässige Prognose verhindern?
    • Ist mein Problem leichter lösbar (Regelbasiert oder mit anderen statistischen Modellen)?
    • Welche Art von KI-Modell wäre geeignet (z. B. Anomalieerkennung, Vorhersagemodelle, Bildanalyse)?
  • Wirtschaftlichkeit: Welchen konkreten Nutzen kann KI bringen?
    • Welche messbaren KPIs können durch KI verbessert werden?
    • Wie hoch ist der erwartete ROI (Return on Investment)?
    • Können bestehende Lösungen skaliert oder wiederverwendet werden?
  • Menschliche und organisatorische Faktoren: Ist das Team bereit für KI?
    • Sind Fachkräfte vorhanden, um die KI-Anwendung zu betreiben und zu interpretieren?
    • Wie ist die Akzeptanz bei den Mitarbeitenden?
    • Sind Change-Management-Strategien eingeplant?
  • Sicherheits- und Compliance-Anforderungen: Ist die KI-Lösung rechtlich und ethisch vertretbar?
    • Erfüllt die KI-Anwendung Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen (DSGVO)?
    • Gibt es branchenspezifische Normen?
    • Inwieweit kommt der EU AI Act bei meiner angedachten Lösung zum Tragen?

Künstliche Intelligenz ist also kein Allheilmittel. Vielmehr sollten zuvor einige selbstkritische Rückfragen gestellt werden. So sollte man sich genug Gedanken gemacht haben, welche Daten für die Lösung des Use-Cases benötigt werden, ob eine KI-Lösung tatsächlich die beste Wahl ist oder ob es einfachere Alternativen gibt oder auch ob technische Restriktionen (z. B. Echtzeitfähigkeit) ausreichend berücksichtigt worden sind.

Weiterhin sollte vorab beantwortet werden, ob der erwartete Nutzen langfristig tragfähig oder nur kurzfristig wirksam ist und ob die Kosten-Nutzen-Abwägungen auch unter Einbeziehung von Wartung und Updates realistisch sind. Zu guter Letzt sollte der Einsatz von KI auch mit Blick auf menschliche und organisatorische Faktoren geplant und entsprechend gestaltet sein. Wer es nicht schafft seine Mitarbeitenden einzubeziehen, wird es schwer haben, eine wirkliche Veränderung zu verankern.

Schnelle Umsetzung von KI-Anwendungen für KMU mit No-Code Auto-ML

Automatisiertes Maschinelles Lernen (AutoML) vereinfacht und beschleunigt den Machine Learning Prozess. Darüber hinaus ermöglicht es auch Anwender:innen mit wenig oder keinem spezifischem Know-How Zugang zu KI. AutoML fokussiert sich auf die Automatisierung der Aufgaben, die wenig/kein Domänen-Wissen erfordern. Der größte Schwerpunkt liegt dabei auf der Hyperparameter-Optimierung (HPO).

Informationen dazu, wie man von den Daten zum optimalen KI-Modell kommt, finden sich in dem Wissensbits-Artikel „Schnelle KI-Umsetzung für KMU mit AutoML“. In diesem Artikel werden ausführlich die Schritte Datenvorverarbeitung, Modell-Selektion, Modell-Training + Optimierung und Modell-Bewertung beschrieben, an deren Ende ein einsatzfähiges optimiertes KI-Modell steht. Darüber hinaus wird in dem Artikel auch auf die Vor- und Nachteile von AutoML eingegangen und es wird dargelegt, wer am meisten vom Einsatz von AutoML profitiert.

Take Aways

Ressourceneffizienz durch KI, die 6 Take Aways: Klarer Fokus: Definiere konkrete Anwendungsfälle mit messbarem Nutzen Messbar machen: Verschaffe dir einen messbaren Überblick über deine Ressourcen No-Code bevorzugen: Tools wählen, die ohne Programmierung auskommen Klein starten: Mit Pilotprojekten und günstigen Testversionen beginnen Integration prüfen: Achte darauf wo eine nahtlose Verbindung zu vorhandener Software relevant ist Externe Expertise gezielt nutzen: Wenn internes Know-How fehlt 

  • Klarer Fokus: Definiere konkrete Anwendungsfälle mit messbarem Nutzen
  • Messbar machen: Verschaffe dir einen messbaren Überblick über deine Ressourcen
  • No-Code bevorzugen: Tools wählen, die ohne Programmierung auskommen
  • Klein starten: Mit Pilotprojekten und günstigen Testversionen beginnen
  • Integration prüfen: Achte darauf wo eine nahtlose Verbindung zu vorhandener Software relevant ist
  • Externe Expertise gezielt nutzen: Wenn internes Know-How fehlt 

Die Inhalte dieses Wissensbits stammen aus dem Vortrag „Ressourceneffizienz durch KI“ von Jessica Hofmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Maschinelles Lernen beim Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW). Der Vortrag wurde am 18.03.2025 im Rahmen einer Onlineinfoveranstaltung des Netzwerks „Nachhaltige IT Region Stuttgart“ gehalten. Das Netzwerk wird vom Kooperationsprojekt „Branchenzentriert qualifizieren“ unterstützt, einem durch den Europäischen Sozialfonds (ESF) Plus geförderten und vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg kofinanzierten Projekt. 

Kommende Veranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit & IT in der IT Region Stuttgart: 

 Beide Veranstaltungen werden vom Kooperationsprojekt „Branchenzentriert qualifizieren“ unterstützt.