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Eine provokante Frage – aber genau sie stellt sich, wenn wir über die Zukunft der Arbeit im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz sprechen. Denn KI verändert nicht nur Prozesse und Technologien, sondern auch unsere Werte, Entscheidungsräume und Verantwortungsstrukturen. Im Rahmen des UnternehmerTreffens „KI, Arbeit und Ethik“ in Baden-Baden diskutierten Dr. Bettina-Johanna Krings und Dr. Philipp Frey vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) genau diese Fragen und zeigten: KI kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie menschenzentriert, transparent und sozial verantwortungsvoll eingeführt wird. 

KI – Mehr als Technik: Ein gesellschaftliches Projekt

Nur über Algorithmen und Automatisierung zu sprechen, greift zu kurz. Die Referenten machten deutlich: KI beeinflusst die Handlungsräume von Menschen und damit ihre Entfaltungsmöglichkeiten, ihre Autonomie und ihre Gestaltungsspielräume. Die zentrale Frage lautet: Für wen bringt eine KI-Anwendung Chancen oder Risiken?

Diese Perspektive führt zu einer spannenden Einsicht: KI ist nicht nur ein rein technisches Werkzeug, sondern auch in einem sozial-technischen System zu betrachten. Deshalb müssen ethische, rechtliche (engl. “legal”) und soziale Aspekte— kurz ELSA — von Anfang an miteinander verwoben werden.

Wer steht im Mittelpunkt? Der Mensch oder doch die Technik?

Der oft zitierte Satz „Der Mensch steht im Mittelpunkt“ ist weit mehr als ein Marketing-Slogan. Er ist eine klare Forderung an die Gestaltung von KI-Systemen. Nachhaltige, KI-gestützte Arbeits- und Lernsysteme beruhen auf fünf zentralen Säulen: Transparenz, Qualifizierung, Datenschutz, ethische Verantwortung und Nachhaltigkeit. Diese Prinzipien bilden das Fundament einer menschenzentrierten KI, die nicht nur effizient, sondern auch verantwortungsvoll und zukunftsfähig ist.

Einer der wichtigsten Appelle der Referenten: Mitarbeitende sollen nicht nur Betroffene sein, sondern aktivere Mitgestalter.

Warum? Weil Partizipation nicht nur ethisch richtig, sondern auch wirtschaftlich klug ist.

Partizipative KI-Gestaltung schafft Akzeptanz, hebt wertvolles Erfahrungswissen und reduziert rechtliche Risiken.

ELSA in der Praxis: Das Beispiel Schichtplanung

Ein besonders anschauliches Praxisbeispiel stammt aus dem Kompetenzzentrum KARL: die KI-gestützte Schichtplanung in einem Fertigungsbetrieb.

Iteration 1: KI lernte aus vergangenen Entscheidungen — entlastete zwar, aber blieb intransparent und möglicherweise unfair.

Iteration 2: Regelbasierter Ansatz — objektiv und gleich, aber ignorierte individuelle Bedürfnisse.

Iteration 3: Fairer Ansatz mit Berücksichtigung von Alter, Erfahrung, Gesundheit oder Lebenssituation.

Das Ergebnis: Eine KI, die nicht nur effizient ist, sondern auch gerecht, nachvollziehbar und sozial verträglich.

Vorteile und Risiken

Warum Unternehmen jetzt handeln müssen

Die Botschaft des RoundTables war eindeutig: Wer KI nur technisch denkt, verpasst ihre wahre Wirkung.
Unternehmen, die KI menschlich und partizipativ einführen, sichern sich langfristige Vorteile, nicht nur in der Effizienz, sondern in der gesamten Unternehmenskultur.

Was bedeutet das konkret?

  • Innovation fördern: KI wird zum Treiber neuer Ideen, wenn Menschen aktiv eingebunden sind.
  • Zufriedenheit steigern: Mitarbeitende akzeptieren KI eher, wenn sie verstehen, wie sie ihre Arbeit unterstützt.
  • Akzeptanz sichern: Transparenz und Mitgestaltung verhindern Widerstände und Ängste.
  • Gesellschaftliche Verantwortung übernehmen: Unternehmen, die ethische Prinzipien beachten, stärken Vertrauen und erfüllen regulatorische Anforderungen (z. B. EU AI Act).

Die Zeit drängt:

  • Wer jetzt handelt, gestaltet Standards und sichert sich Wettbewerbsvorteile.
  • Wer wartet, riskiert Rückstand, Talentverlust und höhere Kosten für spätere Anpassungen.

Fazit: KI kann Arbeit besser machen – wenn wir Menschen mitdenken

Der RoundTable zeigte eindrucksvoll, dass KI weder Heilsbringer noch Gefahr ist, sondern ein Gestaltungsthema.

Ein Thema, bei dem Ethisches, Soziales und Technisches zusammen gedacht werden muss.

ELSA liefert dafür einen Rahmen, der nicht nur Orientierung bietet, sondern echte Zukunftschancen eröffnet – für Menschen, Unternehmen und Gesellschaft.

Über das Kompetenzzentrum KARL

KARL ist eines von aktuell 13 regionalen Kompetenzzentren und zwei wissenschaftlichen Begleitprojekten, das die Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz (KI) auf die Lern- und Arbeitswelt untersucht. Ziel von KARL ist es, menschenzentrierte, transparente, lernförderliche und KI-unterstützte Arbeits- und Lernsysteme zu konzipieren und in konkreten Praxisanwendungen vorzeigbar zu machen.

Die Region Karlsruhe mit dem nationalen Digital Hub angewandte KI und einem der führenden IT-Cluster in Europa bietet dafür großes Entwicklungspotenzial. Konsortialführer ist die Hochschule Karlsruhe. Projektpartner sind neben neun Forschungs- bzw. Transferpartnern auch elf regionale Unternehmen. Bis 2026 wird KARL vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) mit knapp zehn Millionen Euro gefördert.