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Bis zum Jahr 2018 sollte es in ganz Deutschland schnelles Internet mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde geben. Ein Ziel, das von Anfang an viel zu niedrig gesteckt war – und dennoch nicht erreicht wurde. Ein Kommentar.

Seit Jahren liegt Deutschland im europa- und weltweiten Vergleich auf den hinteren Plätzen, wenn es um den Breitbandausbau geht. Zugegeben, ab und an reicht es auch mal für’s Mittelfeld – aber sollte der Technologie- und Innovationsstandort Deutschland nicht ganz vorne mitspielen?

Das dachte sich die Bundesregierung wohl im Jahr 2015 auch – und legte ein Förderprogramm für den Breitbandausbau auf. Das (bescheidene) Ziel: mindestens 50 Megabit pro Sekunde sollten bis zum Jahr 2018 flächendeckend verfügbar sein. Ein Blick in den Breitbandatlas des Bundes zeigt, dass wir von diesem Ziel Ende 2018 noch meilenweit entfernt sind. Laut der Einschätzung des Europäischen Rechnungshofes könnte Deutschland bis 2020 flächendeckend (vielleicht) 30 Megabit pro Sekunde schaffen. Aber die einst versprochenen 50 Megabit pro Sekunde werden auch zu Beginn des nächsten Jahrzehnts in vielen Gegenden Deutschlands nicht verfügbar sein.

Dabei betrifft das Problem keineswegs nur den ländlichen Raum. In Pforzheim setzte man sich jüngst das Ziel, jedem Einwohner bis 2020 immerhin 50 Megabit pro Sekunde zur Verfügung stellen zu können. Damit wolle man eine „Vorreiterrolle“ einnehmen. Aber kann man mit 50 Megabit pro Sekunde überhaupt eine Vorreiterrolle einnehmen? Oder war diese (vor allem von Politikern genannte) Geschwindigkeit vielleicht schon im Jahr 2015 nicht mehr zeitgemäß?

„50 Megabit pro Sekunde? Mehr braucht doch kein Mensch!“

Während Unitymedia in ersten deutschen Städten bereits Geschwindigkeiten von bis zu 1000 Megabit pro Sekunde anbietet, wären viele Menschen auf dem Land froh, wenn ihre Telekom-Leitung wenigstens 16 Megabit pro Sekunde schaffen würde. Es gibt sogar Gegenden, in denen die Einwohner noch mit ISDN im Netz surfen. Schuld daran sind Wettbewerbsprobleme, die starke Vectoring-Lobby sowie Fehler bei der öffentlichen Planung. Wer sich ausführlich in das Thema einlesen möchte, dem empfehle ich diesen Artikel bei Netzpolitik.org.

Erschwerend kommt hinzu, dass großen Teilen der deutschen Bevölkerung noch immer nicht bewusst ist, dass schnelles Internet schon in einigen Jahren so wichtig wie Strom und Wasser sein wird. Spricht man das Thema an, heißt es oft: „Ach, 16 Megabit pro Sekunde, das reicht doch, um E-Mails abzurufen und die Zeitung zu lesen!“ – und solche Aussagen kommen keineswegs nur von älteren Semestern, sondern durchaus auch von Mittdreißigern. Falsch ist das freilich nicht. Und ich kann gut verstehen, dass solche Menschen dann auch eine Geschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde im Jahr 2020 (!) als erstrebenswert erachten. Tatsächlich sind 50 Megabit pro Sekunde allerdings bereits heute das absolute Minimum – oder sollten es zumindest sein.

Man muss sich darüber im Klaren werden, dass beispielsweise das lineare Fernsehen zunehmend durch Streaming-Anbieter wie Netflix abgelöst wird. Um Inhalte im aktuellen 4K-Standard wiederzugeben, werden mindestens 25 Megabit pro Sekunde benötigt. Das bedeutet: Wenn in einem Haushalt Vater und Tochter ihre jeweiligen Lieblingsserien streamen, ist die 50-Megabit-Leitung bereits voll ausgelastet. Wenn die Mutter dann noch mit ihrer Freundin via Facetime telefoniert und der Sohn das neueste Update für seine Xbox aus dem Netz lädt, sind schnell die 100 Megabit voll. Die ganzen Cloud-Dienste, die unbemerkt im Hintergrund zur Datensicherung laufen, sind dabei noch gar nicht eingerechnet. Auch keine Musik-Streaming- oder gar Smart Home-Anwendungen. Bezieht man all das mit ein, landet man schnell bei Geschwindigkeiten zwischen 200 und 500 Megabit pro Sekunde.

Und das ist der aktuelle Stand der Technik. Bis 2020 werden die Datenmengen weiter zunehmen, da bedingt durch die Digitalisierung immer mehr Geräte über das Internet kommunizieren werden. Diese Entwicklung lässt sich nicht aufhalten – und die Augen davor zu verschließen, hilft hier auch niemandem weiter.