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Für manche ist sie die goldene Zukunft, für andere ein wahres Schreckgespenst – die Arbeitswelt 4.0. Beide Ansichten liegen zu Teilen daneben: Einerseits ist die Arbeit 4.0 schon schleichend angekommen, andererseits bietet sie ebenso viele Chancen wie Risiken. Die Industrie 4.0 ist unterwegs wie eine Welle, eine Naturgewalt. Man kann sich als Unternehmer nur entscheiden, sie zu reiten oder darin unterzugehen.

Arbeitswelt 4.0 – was versteht man darunter?

Die letzte große Revolution in der Arbeit hat stattgefunden, als Computer aufkamen und nach und nach sperrige, einfache Roboter die körperlich schwersten und geistig einfachsten Aufgaben übernahmen. Inzwischen können Maschinen mit den richtigen Programmen viele Angelegenheiten ausführen, die besonders repetitiv sind. Roboter werden filigraner und flinker, arbeiten inzwischen auch buchstäblich mit den Menschen Hand in Metallhand. In vielerlei Hinsicht hat die Arbeitswelt 4.0 eine Anmutung an Science-Fiction: Regale können selbsttätig angeben, wenn ein Vorrat zur Neige geht, Lkw selbstständig fahren, 3-D-Printer in der Produktion längere Fertigungsabläufe ersetzen.

Viele dieser technischen Arbeitsschritte sind dazu angetan, die Abläufe zu verschlanken. Die Folge ist, dass Unternehmen mit weniger Lagerraum auskommen und genauer kalkulieren können. Allerdings müssen Produktion und Logistik dafür mit allen ihnen durch die Industrie 4.0 neu zur Verfügung stehenden Mitteln zusammenarbeiten – Informationen werden arbeitsschrittübergreifend geteilt, damit die Abläufe nahtlos ineinandergreifen. So können alle Arbeitsschritte immer im Fluss bleiben, ohne dass es zu kostenintensiven Leerläufen kommt. Die IT hat hier alle Hände voll zu tun, um standardisierte Schnittstellen zu schaffen, an denen alle Beteiligten von überall auf der Welt an die benötigten Informationen kommen, ohne dass ein Sicherheitsrisiko besteht.

Die neue Rolle des Mitarbeiters

Der Mitarbeiter wird noch mehr zum Koordinator und Optimierer, als er das bislang schon gewesen ist. Er muss sich dafür neue Fähigkeiten aneignen, während er seine bisherigen Tätigkeiten immer noch im Hinterkopf behalten sollte. Es kann nämlich immer sein, dass im Falle eines großen Auftrags ein Peak entsteht, auf den die Maschinen nicht eingestellt und für den sie nicht konzipiert sind. In solchen Momenten ist es nötig, dass jemand mit Erfahrung zupackt – das kann kein frischgebackener Studienabsolvent aus dem Stegreif leisten.

Auch wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, ein Kunde Sonderwünsche anmeldet oder plötzlich andere Anweisungen gelten, muss der Mensch eingreifen. Er ist es, der in einer plötzlich veränderten Situation den Überblick behält und die Maschinen mit den entsprechenden Befehlen versorgt. Dafür allerdings muss er sein Handwerkszeug beherrschen. Smartphones, Tablets oder auch Augmented Reality-Brillen können bald zur Grundausrüstung gehören. Auf der anderen Seite hat der entlastete Mitarbeiter nun Kapazitäten für Kreativität frei: Wer die Abläufe im Unternehmen so gut kennt wie der langjährige Mitarbeiter, hat wahrscheinlich bessere Ideen für firmeninterne Einsätze der neuen Möglichkeiten der Industrie 4.0 als eine fremde Fachkraft.

Wie bereiten sich Unternehmen vor?

Als Unternehmer muss Weitblick bewiesen werden, wenn es um die Industrie 4.0 geht. Arbeitsplätze werden sich dadurch verändern, aber ein Unternehmen kann deshalb noch längst nicht auf seine langjährigen Mitarbeiter verzichten: Ihre Expertise wird, wie oben gezeigt, weiterhin gebraucht. Keine neue Fachkraft kann die Erfahrung und das Firmenwissen der Angestellten ersetzen. Besonders wichtig ist es daher, seinen Mitarbeitern alle Möglichkeiten zu geben, den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Schulungen und Seminare rund um die, mit der Arbeit 4.0 einhergehenden Veränderungen, helfen dabei, die Angestellten dort abzuholen, wo sie stehen. Dabei sollte besonders darauf geachtet werden, dass alle Mitarbeiter gutes und gleichartiges Equipment erhalten. Nur so kann sichergestellt werden, dass die erhaltenen Informationen für alle Gültigkeit haben.

Es sind ziemlich große Summen, die für die Anschaffung von hilfreicher Technologie (wie etwa intelligente Regalsysteme) ausgegeben werden müssen. Manche Unternehmer schrecken davor zurück. Wer aber in der Arbeitswelt 4.0 konkurrenzfähig bleiben möchte, der hat gar keine andere Wahl, als auf den Zug mit aufzuspringen. Wer seine Mitarbeiter mit hochwertiger, funktionaler Hardware ausstattet, kann mit guten Ergebnissen rechnen.

Jeder Unternehmer muss auch für sich feststellen, welchen Arbeitsumfang die angeschafften Maschinen jeweils bewältigen können müssen. Das hängt auch von den Lagerkapazitäten ab, vor allem aber natürlich von Angebot und Nachfrage. Es kann wirtschaftlich durchaus sinnvoll sein, die Planung so durchzuführen, dass herausragende Peaks nicht allein maschinell zu bewältigen sind. Für diese Fälle ist das gut geschulte bisherige Personal umso wichtiger, das noch weiß, wie die Produktion auch ohne maschinelle Unterstützung abläuft.
Mental sollten sich Unternehmer auch darauf einstellen, dass die Arbeitszeiten flexibler werden. Wenn immer mehr Arbeiten erledigt werden können, ohne dass die Mitarbeiter vor Ort sind, ist die endgültig Ära der Gleitzeit angebrochen – auch in der Produktion. Neue Pläne müssen ausgearbeitet, aber auch neue Maßnahmen ergriffen werden, die den Arbeitsschutz betreffen: Kann ein Mitarbeiter einen Arbeitsunfall erleiden, wenn er nicht vor Ort im Unternehmen ist? Und wie stellt man sicher, dass kein Kollege in seiner Freizeit behelligt wird, wenn der Heimarbeitsplatz zur Norm wird?

Wie bereiten sich Mitarbeiter vor?

Für viele Mitarbeiter gerade in der Produktion ist die Industrie 4.0 ein dräuendes Ungeheuer, das Arbeitsplätze verschlingt oder ihnen Unmögliches abfordert. Dabei ist letzten Endes alles weniger kompliziert, als es aussieht. Die meisten Menschen haben sich allein in ihrer Freizeit beigebracht, mit einem Computer umzugehen. Später kam dann das Smartphone oder das Tablet hinzu – kaum jemand kann von sich behaupten, dass er noch nichts mit einem derartigen Gerät zu tun hatte. Letzten Endes ist die Arbeit 4.0 in der Industrie nicht viel anders: Die Mitarbeiter bekommen die Befehle beigebracht, mit denen sie die Maschinen bedienen und stoppen können.

Am Wichtigsten ist es für die Mitarbeiter, dass sie keine Verweigerungshaltung einnehmen und den Neuerungen offen begegnen. Statt mit dem Blick auf die Risiken zu verzagen, lohnt es sich, die angenehmen Seiten im Auge zu behalten und die Erleichterungen wertzuschätzen: In der Arbeitswelt 4.0 wird die harte körperliche Arbeit minimiert und eine bessere Work-Life-Balance ermöglicht.

Risiken und ungeahnte Chancen

Die Arbeitswelt 4.0 bringt jede Menge Risiken und offene Fragen mit sich, aber auch ungeahnte Chancen für eine verschlankte, effizientere Arbeit und ein leichteres Arbeitsleben für die Mitarbeiter. Intelligente Maschinen und Systeme übernehmen schwere und eintönige Aufgaben, während der Mensch sie überwacht, leitet, wartet und beendet. Die Arbeitszeiten werden sich ändern, sodass es Angestellten möglich sein wird, ihre Zeit flexibler einzuteilen. Das drohende Unheil durch die hohen Anforderungen für die neuen Jobs ist weniger groß als gedacht, da die meisten Menschen Hilfsmittel wie Smartphones, Laptops oder Tablets bereits aus ihren Privatleben kennen. Und den Unternehmern stehen zwar größere Ausgaben bevor, die sich aber relativ schnell amortisieren werden. Insgesamt wird der Mensch in der Industrie 4.0 nicht untergehen, sondern bestenfalls von ihr profitieren.