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Zu Beginn eines jeden Jahres findet in Las Vegas die CES statt, eine der weltweit wichtigsten Messen für Unterhaltungselektronik. Journalisten, Analysten und Unternehmensvertreter aus aller Herren Länder kommen in Sin City zusammen, um über die Zukunft der Branche zu sprechen und innovative Produktneuheiten zu bestaunen. Ein Bild vom Strip mit seinen unzähligen Casinos und spektakulären Aussichten darf da in den sozialen Netzwerken natürlich nicht fehlen. So entsteht nach außen hin schnell der Eindruck, dass die CES in Wahrheit nur eine Vorwand ist, um die US-amerikanische Vergnüngungs-Metropole zu besuchen – und Spaß zu haben. Die Realität sieht etwas anders aus. Ein Blick hinter die Kulissen.

Über London und Dallas nach Las Vegas

Es ist 4:30 Uhr am Dienstagmorgen des 3. Januar 2017. Ich sitze in der Frankfurter Taunusanlage und warte auf die S-Bahn zum Flughafen. Weit und breit ist kein Mensch zu sehen. Da ich mir ein Hotel in Frankfurt genommen habe, kann ich immerhin auf drei Stunden Schlaf zurückblicken. Die Alternative, um 1 Uhr nachts mit der Bahn von Mühlacker nach Karlsruhe zu fahren und dort zwei Stunden auf den ersten ICE zu warten, war weitaus weniger verlockend.

Um 5:30 Uhr komme ich am Frankfurter Flughafen an. Zwei Stunden vor dem Abflug, so wie das sein soll. Mein erstes Ziel heißt an diesem Tag London, wo ich nach zwei Stunden im Flugzeug noch zwei Stunden Aufenthalt habe. Genug Zeit, um den Anschlussflug nach Dallas problemlos zu erreichen. Bevor die zehnstündige Reise nach Texas beginnt, muss die Boeing 747 von British Airways aber noch enteist werden. Der Start verzögert sich um eine halbe Stunde – eine halbe Stunde, die fast dafür sorgt, dass ich den Flieger von Dallas nach Las Vegas verpasse.

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Dazu muss man wissen, dass man am ersten Flughafen, an dem man in den USA ankommt, das aufgegebene Gepäck abholen und erneut aufgeben muss. Man muss auch durch die Immigration und eine Sicherheitskontrolle. Das nimmt alles viel Zeit in Anspruch. Zeit, die ich wegen der Verspätung nicht habe. Erschwerend kommt hinzu, dass man in Dallas auch noch mit einem Zug vom internationalen zum nationalen Terminal fahren muss. Zusammen mit anderen Passagiere renne ich durch den Airport und erreiche eine Minute bevor die Tür zugeht, das Flugzeug nach Las Vegas. Glück gehabt. In den nächsten drei Stunden habe ich in dem Airbus A321 von American Airlines Zeit, mich zu erholen.

Viva Las Vegas: Flughafen – Messe – Hotel

Als ich die Maschine um 17:30 Uhr (Ortszeit) in Las Vegas verlasse, bin ich knapp 24 Stunden auf den Beinen. Mein Weg führt mich allerdings nicht ins Hotel, sondern direkt zur Messe, wo noch ein Termin ansteht. Da der öffentliche Nahverkehr in Las Vegas keine wirkliche Option ist, setze ich mich ins Taxi. In den USA ist das Taxifahren immerhin nicht ganz so teuer, wie in Deutschland. Außerdem führt man stets interessante Unterhaltungen mit den Fahrern, die um Welten freundlicher sind, als ihre deutschen Kollegen.

Drei Stunden dauert der erste Termin auf der CES 2017, dann endlich betrete ich um 21 Uhr die Lobby meines Hotels. Das pyramidenförmige Luxor prägt seit Jahren das Stadtbild von Las Vegas. Von außen wirkt die Pyramide, von deren Spitze ein Lichtstrahl in den Himmel schießt, fast schon mystisch. Sobald man das Innere betritt, fühlt man sich aber eher wie in einem Vergnügungspark. Obwohl 14 Check-in-Schalter geöffnet sind, warten rund 50 Gäste darauf, ein Zimmer zu bekommen. Dass die zwanzig Jahre alten Zimmer während der CES fünfmal so viel kosten, wie zu Nicht-Messezeiten, scheint niemanden zu interessieren. Mich auch nicht, denn ich will nur noch ins Bett. Mir fällt zwar noch auf, dass mein Zimmer im ersten Stock einen phänomenalen -Ausblick auf den Parkplatz hat, es keine Steckdose neben dem Bett gibt und im Badezimmer die Lüftung defekt ist, aber das ignoriere ich gekonnt.

Luxor

Randnotiz: Die Hotels in Las Vegas verfügen im Regelfall über 2500 bis 8000 Zimmer. Pro Hotel. Die Einfahrten für Autos, Limousinen und Taxis sind fünfspurig. Das sind Dimensionen, die man sich als Deutscher kaum vorstellen kann.

Der Tag vor der Eröffnung: Halbfertige Stände, Einlasskontrollen und nichts zu essen

Nach sechs unruhigen Stunden Schlaf klingelt um 6 Uhr morgens der Wecker. Die erste Pressekonferenz steht in Kürze an. Dazu muss man wissen, dass während der CES viele Veranstaltungen und Pressekonferenzen nicht auf dem Messegelände selbst, sondern in einem der zahlreichen Hotels stattfinden. In diesem Fall kann ich mich glücklich schätzen, denn die Pressekonferenz findet im Mandalay Bay statt, das sich direkt neben meinem Hotel befindet.

Plot Twist: Von meinem Zimmer bis zur Pressekonferenz brauche ich trotz der direkten Nachbarschaft knapp 25 Minuten zu Fuß. Das ist der Nachteil von Hotels, die größer sind, als so manches Dorf in Deutschland. Nicht ohne Grund verkehrt zwischen dem Luxor und dem Mandalay Bay eine Schwebebahn.

Als ich um 7:30 Uhr vor den Türen der Pressekonferenz ankomme, warten bereits einige hundert Journalisten und Blogger in einer schier endlos langen Schlange auf den Einlass. Schon jetzt ist absehbar, dass nicht alle in den Raum passen werden. Wer keinen Sitzplatz bekommt, muss draußen bleiben. So sind die Regeln – und entsprechend rau die Sitten. Während der Pressekonferenz lassen sich die Medienvertreter ein bis zwei Stunden von den Herstellern berieseln. Diese Zeit nutzen sie, um sich auf den Moment vorzubereiten, in dem das Licht angeht. Denn dann heißt es schnell sein: Die neuen Produkte werden auf der Bühne ausgestellt und jeder hat die Möglichkeit, sie aus der Nähe zu betrachten. Ich überlasse es eurer Fantasie, was passiert, wenn 300 Journalisten versuchen, Bilder von einem einzigen Fernseher zu machen. Von den YouTubern, die bewaffnet mit Selfie-Stick und Ansteckmikrofon, alles live an ihre Fans übertragen wollen, fange ich gar nicht erst an…

Ein kurzer Snack bei Starbucks im Mandalay Bay, wo man für ein Sandwich samt Kaffee knapp 16 US-Dollar bezahlt, und schon geht es weiter zur Messe. Einmal quer durch Las Vegas. Ich teile mir mit anderen ein Taxi, da die offiziellen Shuttle-Busse völlig überlaufen sind.

Auf dem Messegelände herrscht reges Treiben – denn so gut wie alle Hersteller sind noch mit dem Aufbau ihrer Stände beschäftigt. Es kann durchaus vorkommen, dass am Abend vor der Eröffnung noch größere Umbauten durchgeführt werden, falls irgendjemand aus der Führungsetage etwas zu beanstanden hat. Die Imbissbuden auf dem Messegelände sind geschlossen, dafür gibt es in jeder Halle Einlasskontrollen. Nur wer einen Ausstellerausweis hat, darf passieren. Alle anderen müssen draußen bleiben.

Zumindest in der Theorie: Einige auserwählte Journalisten, die vorab Termine mit den Unternehmen vereinbart haben und zugleich als wichtig genug erachtet werden, können die Stände schon vor der offiziellen Eröffnung betreten. So kann es durchaus passieren, dass ein Journalist für eine Stunde in die Rolle eines Firmenangestellten schlüpft, dessen Ausweis er um den Hals trägt, um die Hallen betreten zu dürfen. Ja, die Zutrittsregeln sind streng, aber die Gefahr, dass etwas von den Ständen geklaut werden, ist eben auch groß. Zudem versuchen die Hersteller ihre Produkt-Highlights vor den neugierigen Blicken der Konkurrenz zu schützen.

Um 18 Uhr geht es nach einem kurzen Abstecher zu einem Get-Together unter Journalisten zurück ins Hotel. Jetzt heißt es Texte schreiben und Videos schneiden, denn aufgrund der Zeitverschiebung (GMT-8) beginnt in Deutschland bald schon der neue Tag. Wenn ich am nächsten Morgen in Las Vegas um 7 Uhr Ortszeit aufstehe, ist es „daheim“ bereits Nachmittag – und die Inhalte vom Vortag müssen publiziert sein.

Randnotiz: Den Weg zurück ins Hotel lege ich zu Fuß zurück, um zumindest ein paar Eindrücke von Las Vegas zu sammeln. Auf einer Fußgängerbrücke quetsche ich mein Smartphone durch die Verglasung und nehme dieses Bild auf:

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CES 2017: Gladiatorenkämpfe mit Kameras und Stativen

Am Tag der Eröffnung stehe ich bereits um 8 Uhr auf dem ersten Stand. Ein Video soll abgedreht werden, solange das noch möglich ist. Vor den Hallen bereiten sich die Imbissbuden auf die Besuchermassen vor, die ab 10 Uhr die CES stürmen. Einige von ihnen sind bereits da und warten in den langen Gängen des Messegeländes darauf, die Stände betreten zu dürfen. Die meisten von ihnen haben sich einen Schlachtplan zurechtgelegt. Sie wissen genau, welche Produkte sie sehen möchten, in welcher Halle sich diese befinden und wie sie dort am schnellsten hinkommen.

Und dann passiert es: Die Ordner geben die Hallen frei, die CES 2017 ist eröffnet. Zehntausende Menschen stürmen auf die Stände der Hersteller, die sich auf einen Schlag in Arenen des antiken Roms verwandeln.

Die CES im Gegensatz zur IFA zwar eine Fachbesucher-Messe, aber was heißt das schon in Zeiten, in denen jeder Zwölfjährige einen Snapchat-Account hat und sich Influencer nennt? Vor den CES-Highlights, die natürlich schon vorab im Netz zu sehen waren, bilden sich Menschentrauben. Jeder will mit seinem Smartphone oder seiner Kamera ein Bild schießen oder Video aufnehmen. Rücksicht auf andere nehmen? Fehlanzeige. Zum Teil brauche ich für eine einzige Einstellung mehr als fünfzehn Anläufe, da mir ständig jemand vor die Kamera läuft, mich anrempelt oder einfach so tut, als wäre er alleine auf der Messe. Die Ordner greifen nur dann ein, wenn jemand die Absperrungen durchbricht, um noch näher an die Produkte heranzukommen – was keine Seltenheit ist.

Ein normales Stativ reicht auf der CES nicht aus, um sich Freiraum zu verschaffen. Einzig die Filmteams der TV-Sender, mit Kameras so groß wie die Ghettoblaster der 1990er-Jahre, werden von den Besuchern halbwegs mit Respekt behandelt. Alle anderen befinden sich in einem ständigen Kampf um gutes Bildmaterial, den man nur mit viel Geduld und Dreistigkeit gewinnen kann.

Um 12 Uhr entschließe ich mich zu einem kleinen Snack – wie ungefähr hundert andere, die vor mir in der Schlange stehen. Für 10 US-Dollar gibt es gleich ein leckeres Stück Pizza, das so fettig ist, dass man Wände damit durchsichtig machen könnte (wer die alten Simpsons-Folgen kennt, weiß was ich meine). 40 Minuten anstehen, zwei Minuten zwischen hunderten von Menschen essen (die zum Teil im Stehen schlafen) – und schon steht der nächste Termin an.

Den Rest des Tages verbringe ich damit, mich von Messehalle zu Messehalle durchzuarbeiten. In den Pausen setze ich mich auf den Boden und schneide Videos. Um 19 Uhr steht zum Abschluss meines CES-Besuchs (ja, um 6 Uhr am nächsten Morgen geht es schon wieder zurück) noch ein Abendessen an. An ein Taxi ist auf dem Messegelände nicht zu denken, denn die Schlange am Taxistand ist ungefährt 300 Meter lang. Ich laufe zwei Kilometer und bestelle mir vor einem Kaufhaus ein Uber. In den USA ist dieser Fahrdienst im Gegensatz zu Deutschland noch erlaubt und funktioniert auch erstaunlich gut.

Um 19 Uhr sitze ich schließlich in einem Restaurant im 60. Stock eines Hotels in Las Vegas, von dessen Terrasse dieses Bild aufnehme:

 

#LasVegas #HuaweiMate9 #Huawei #Strip

Ein von Frank Feil (@ffeil) gepostetes Foto am

Ein Moment der Ruhe. Herrlich!

Sechs Stunden Verspätung: Einmal über Dallas nach Frankfurt bitte

Nach knapp 48 Stunden in Las Vegas geht es am Freitagmorgen um kurz nach 6 Uhr zum Flughafen. Ich spüre, wie sich eine Erkältung ankündigt – den in Las Vegas allgegenwärtigen Klimaanlagen sei dank. Glücklicherweise kann man im Land der unbegrenzten Möglichkeiten aber immerhin an jedem Zeitungskiosk Medikamente kaufen. Gesagt, getan.

Zu diesem Zeitpunkt wusste ich allerdings noch nicht, dass meine Maschine von Dallas nach Frankfurt am Ende sechs Stunden Verspätung haben und meine Rückreise länger als einen Tag dauern wird. Aber auch das gehört eben dazu. Details könnt ihr hier nachlesen:

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Am Ende habe ich somit mehr Zeit im Flugzeug und an Flughäfen verbracht, als in Las Vegas. Würde ich die Reise nochmal antreten? Auf jeden Fall. Macht der ganze Stress Spaß? Irgendwie schon!

Dennoch hoffe ich, dass ich euch mit meinem kleinen Reisebericht deutlich machen konnte, dass die wenigen selektiven Inhalte, die ihr in den sozialen Netzwerken seht, nicht zwangsläufig Rückschlüsse auf die tatsächlichen Umstände solcher Reisen zulassen ;)